Blutorangen! Ich liebe diese intensiven Farbverläufe! Es ist purer Sommer auf dem Teller. Oh, ich bin hin und weg und völlig in Ferienstimmung mit selbstgemachter, goldener Pasta gepaart mit spritziger Blutorange aus dem sonnigen Süden. Pasta all arancia rossa ist die beste Freundin von Pasta al Limone. Mein bisheriger Favorit. Jetzt bringt mich dieses Rezept in den Foodhimmel.
Bei Orangen denken Viele bestimmt an Sizilien und Italiens Süden. Ich aber denke an den Gardasee. Neben den Zitronen, Cedris und Mandarinen werden auch unterschiedliche Orangensorten in den Limonaien an den Steilhängen des Westufers angebaut.
Wer schon einmal durch die schmalen Pfaden auf den Terrassen der Pra del Fam oder La Malora unterwegs war, hat jetzt bestimmt auch den unglaublich und auch irgendwie unbeschreiblich frischen Duft der Zitrusfrüchte in der Nase. Besonders jetzt im Winterquartier ist es besonders atemberaubend, denn die schweren Fenster und Holzverkleidungen sind eingezogen und zentrieren den intensiven Duft in den Limonaien einmal mehr. Che profumo.
Das Aroma süßer Erinnerungen vom Gardasee
Neben den Limonaien allgemein ist für mich auch jede Blutorange verbunden mit einer speziellen Reise Ende Februar 2020. Ich hatte eine große Ferienwohnung mit herrlicher Dachterrasse über den Dächern von San Felice del Benaco mit dem Blick bis hinunter zum schimmernden Gardasee. Es waren die ersten Tage der ersten Coronasichtungen in der Lombardei, und das hieß auch auf Lombardischer Seite des Gardasees Caffè nur noch al tavolo und viele geschlossene Türen – zusätzlich zu den regulären Winterpausen.
Ich schlenderte also einmal mehr über die Wochenmärkte. Praktisch jeden Tag fuhr ich zu einem anderen und saugte die Farben, die Düfte, das Gewusel, das Markteinkaufen wie Locals in mir auf. Abends kochte ich dann in meiner Ferienwohnung. Legendär bis heute: Meine ersten gebratenen Artischocken! (hier geht’s zu Rezepten mit Artischocken).
Bei dieser Reise habe ich trotz erster Beschränkungen gelernt, Tagliatelle wie ein Local am Gardasee zu machen – nämlich bei Carla zu Hause. Mit ihr und ihrer Familie verbindet mich seitdem eine innige Freundschaft und zahlreiche neue Erinnerungen. Mit Blutorangen haben wir sie aber nicht gegessen.
Die sattroten Blutorangen mit ihrem intensiven Geschmack
Dennoch liegt in jeder Blutorange also dieser Zauber einer Reise in der Zeit, die die Welt ins Chaos stürzte. Für mich aber war sie der Himmel war. Denn hier auf den Märkten habe ich Meter hoch gestapelt die herrlichsten, intensiv dufteten und farbenfröhlichsten Blutorangen entdeckt und mitgenommen. Es war jeden Tag eines meiner Highlights sie auf der Dachterrasse in der ersten Frühlingssonne zu essen – nein zu zelebrieren, zu feiern und bis auf den letzten saftigen Tropfen zu genießen. Hier habe ich sie in eine Reife bekommen wie ich sie in Deutschland eher nicht kaufen kann. Tiefrot von innen, saftig und geschmacksintensiv.
Und genau an diese Reise, an diese Momente auf dieser Dachterrasse neben der Kirchuhr, die jede Stunde laut zum Leben erwachte, mit dem Blick auf die ersten tanzenden Sonnenstrahlen auf dem noch ruhigen Seewasser, die ersten Liebesblicke auf Rocca di Manerba, der mich vermutlich in diesem Moment für immer ans Herz gewachsen ist, an die zahlreichen Marktbesuche und diese unglaubliche Fülle an hochgestapeltes Obst und Gemüse wie ich sie nur von den südländischen Wochenmärkten kennen, denke ich bei diesem Pastateller.
Als ich hier jetzt ein paar kleine, natürlich noch nicht perfekt farblich verlaufene – reife – Blutorangen ergatterte, hatte ich sofort dieses Pastagericht im Kopf. Tagliatelle und & Co al Limone liebe ich und ist auch nicht ohne Grund das Titelbild auf meinem Pastabuch „Pasta con passione“. Warum also nicht mit dem gleichen Herzen dieses Gericht mit Blutorangen adeln?
Beim Pastateig kneten ahnte ich noch nicht, wie gut es werden würde
Als ich es mir ausdachte war ich schon unglaublich glücklich. Als ich dann in der Küche stand, aus Mehl und Ei den Teig voller Hingabe knetete und per Hand schnitt, als ich die Blutorangen raspelte und auspresste und alles zusammen zu meinem großen Lieblingsgericht verband, ahnte ich noch immer nicht, wie gut es wirklich werden würde. Ich war schon völlig glücklich, einfach weil ich mit vollem Herzen und meiner süßen Erinnerung an eine für mich bedeutsame Zeit in der Küche stand.
Als ich dann den ersten Bissen probierte – noch in der Pfanne – ich kann es gar nicht beschreiben. Innerlich bin ich in die Luft gehüpft. Einfach nur Bähm und gefeiert – aber nur kurz, denn mit Sorgfalt hieß es jetzt das Ganze noch auf den Teller wie elegante Elfen empor winden lassen und dann alle anderen Sinne, Geräusche und Eindrücke um mich herum ausschalten.
Die Augen schließen, die Gabel in den Turm senken und die ersten Pastastränge eindrehen und dann das Feuerwerk im Mund schmecken. Oh mio dio. Jeden einzelnen Gabelbissen habe ich gefiert, geliebt und genossen. Und jetzt gebe ich dieses Rezept und meine Geschichte in Deine liebevollen Hände, damit auch Du dieses Feuerwerk erleben kannst.
Achte es, schätze es und bitte, bitte tausche nicht die selbstgemachte, handgeschnittene Pasta durch gekaufte Pasta! Sie würde dieses Essen ruinieren.
Noch kurz ein paar wenige Fakten zur Blutorange
Blutorangen bekommen wir nur etwa in der Zeit von Januar bis März – in Süditalien geht sie noch etwas länger. Mit doppelt so vielen Vitaminen wie normale Orangen gehören Zitrusfrüchte in ihrer tiefroten Variante nach wie vor zu den begehrtesten und schmackhaftesten. Du kannst mit ihnen Salate, Marmelade, Tartes und andere Dessert machen oder mit Fisch paaren.
Sizilianischen Blutorangen sind noch mal etwas Besonderes. Sie sind mit dem g.g.A.-Siegel belegt (geschützte geografische Angabe). Darunter fallen hauptsächlich die Provinzen Catania, Enna und Siracusa. Blutorangen wachsen aber auch in Apulien und Kalabrien und ein paar wenige wachsen wie beschrieben auch in den Limonaien am Gardasee.
Richtig reif und damit saftig und vollaromatisch sind die Blutorangen, wenn sie die perfekten Bedingungen hatten. Blutorangen lieben kalte Nächte und schön warme, sonnige Tage. Bei diesen Temperaturschwankungen erhält sie ihre schöne Farbe durch den Pflanzenfarbstoff Anthocyane. Wie der Farbverlauf und der Geschmack tatsächlich ist, ist von außen jedoch nicht unbedingt erkennbar.
Pasta all’arancia rossa – oh sag es noch einmal laut. Ist das nicht reinste Musik? Andiamo, lass uns zusammen dieses genussvolle Stück komponieren.
Taglierini all’arancia rossa con burrata
Schwierigkeit: Einfach1
Portionen30
Minuten10
MinutenDieses Gericht schmeckt nach Sonne, Sonne und den Erinnerungen an eine wunderschöne Reise. Mein Lieblingsrezept bringt Dich in den Foodhimmel. (Zur Zubereitungszeit kommen natürlich noch die Ruhezeiten für den Teig (30 Minuten).
Zutaten
- Für den Pastateig:
60g Semola Ricaminata, 40 g Farina Typ 00
Ein Ei Größe M, einen Schuss Olivenöl, eine Prise Salz
- Für den Sugo:
Die Zesten einer halben Bio-Orange und deren Saft
40 g Pecorino romano, alternativ ein Parmesan, fein gerieben
eine Burrata, zimmerwarm
ein paar Zweige fein gehackte glatte Petersilie, Olivenöl
Und so geht es
- Mehl mischen. Eine Mulde in das Mehl drücken und Ei, Salz und Olivenöl hineingeben. Das Ei verqirlen, das Mehl langsam einarbeiten und einen geschmeidig-seidigen Pastateig kneten. In Frischhaltefolie 30 Minuten ruhen lassen. Siehe auch das Rezept für den Mehl-Eier-Teig (das Mehl in diesem Rezept vorher einfach nur mischen und dann weiter gemäß Anleitung verfahren)
- Den Teig dünn ausrollen, etwa 1,5 – 2 mm dicker und rund 27 cm lang. Etwas Semola bei den verschiedenen Stufen oder während des per Hand ausrollen in den Teig einreiben. Das sorgt für eine leicht angeraute Textur. Final noch einmal Mehl oder Semola einreiben, so dass der Teig nicht klebt. In die Mitte falten und in 2 mm schmale Streifen schneiden. Das Messer unter den Teig schieben und aufziehen. Die Taglierini fallen locker über das Messer. Wenn Du sie etwas breiter schneidest, nessun problema. Dann hast Du einfach Tagliatelle.
- Das Wasser mit Salz für die Pasta zum Kochen bringen. Attenzione: Die Kochzeit beträgt nur eine Minute. Die Pasta mit einer Zange herausnehmen und beispielsweise in eine Schüssel oder Pfanne geben.
Mit einer Kelle des Pastakochwassers den fein geriebenen Pecorino in einem Gefäß cremig rühren. Orangenzesten und Orangensaft zur Pasta geben. Die Käsecreme ebenso. Alles zusammen gut mischen.
Es sollte traumhaft cremig werden. Nach Bedarf mit etwas mehr Pastakochwasser arbeiten. Jetzt heißt es schon „Holla die Waldfee“ oder auch „che buono“. Mit Salz und Pfeffer nach Belieben abschmecken und auf einem Teller anrichten. Burrata ganz über die Pasta geben – oder wie in meinem Fall: Leicht auseinanderziehen und die Hälfte der Creme mit einem Löffel über die Pasta geben. Mit einem sanften Spritzer Olivenöl finalisieren und wenn Du magst, noch etwas des Orangensaftes.
Notizen
- Damit der Sahnekern der Burrata geschmacklich richtig trifft, sollte er rechtzeitig aus dem Kühlschrank genommen werden.
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Natürlich begleite ich Dich auch in meinen Pastakochbüchern auf Deiner Reise. An den Gardasee bringt Dich „Pasta tradizionale dell lago di Garda“, in dem Du Pastarezepte, Foodstories und Reisetipps rund um den schönen See findest. „Pasta con passione“ bietet Dir die Grundlagen handgemachter Pasta.
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