Es gibt kaum etwas Besseres, als wenn der Duft von warmen Plätzchen durch die Küche weht. Rund um Weihnachten gehe ich beim Backen so richtig auf. Neben klassisch-deutschen Rezepten gibt es bei mir auch italienische Biskotti di Natale. In die Ciambelline di Dorgali habe ich mich sofort verliebt. Diese wunderschönen Blüten aus einem fluffig-zarten Teig haben ein Herz aus fruchtiger Marmelade. Ursprünglich wurden sie zur Fastnachtszeit im Bergdorf Dorgali und der Provinz Nuoro gebacken, aber auch zu Weihnachten sind diese Blumen ein Hingucker. Un dolce tipico della Sardegna.
Das nachfolgende Rezept ist das regionale Originalrezept, welches ich aus dem italienischen für Dich von der lieben Pina von http://www.lacucinadipippi.it/ übersetze. Sie hat mir dieses traditionelle Gebäck gezeigt und mich sofort darin verlieben lassen. Auf ihrem Youtubekanal zeigt Pina Dir das Rezept auf Italienisch als Videoanleitung. Die gute Nachricht ist: Die Ciambelline sehen bezaubernd aus, sind aber semplice – einfach – zu backen.
Sardinien hat eine begnadete Pasticceria
Die Konditorei auf Sardinien ist begnadet. Dazu gehören auch unzählige filigrane Produkte. Der Ursprung dieser Backkunst liegt Jahrhunderte zurück. In den Wohnküchen in den Bergdörfern weht seit jeher ein wohliger Duft von frischem Gebäck, heiß gebrühten Kaffee und dampfender Pasta. Was auf dem Teller wandert, ist jedoch auch in der einfachsten Küche eine Augenweide.
In einer Küche beispielsweise, die ich mir bei einem Spaziergang durch Oliena vorstelle. In dem Bergdorf nahe Dorgali war ich in den engen Kopfsteinpflastergassen fast allein unterwegs. Hinter den alten Häusern hörte ich hier und da das Klappern von Geschirr, Gespräche oder ein Radio, so als ob gerade zur Mittagszeit für das Essen gekocht wird. Während die Fassaden von außen sehr alt aussehen und zwischen den Häusern auch immer wieder Ruinen stehen, lässt ein Blick in die Innenhöfe die wahren Schätze erahnen. So sind bestimmt auch die heimischen Küchen, die auf Sardinien naturgemäß das Herz eines jeden Hauses sind.
La Ciambelline werden bestimmt auch in der Backstube von Presede und ihrer Mutter im Herzen von Dorgali ganz traditionell hergestellt. Ich kann es förmlich vor mir sehen, wie sie in der Weihnachtszeit – ähnlich wie ich es mit Presede im Sommer getan hatte, an dem Tisch gegenüber dem Ofen stehen und die Teigstränge für die Blumen rollen, während das Feuer im Ofen den Raum im Winter gemütlich macht.
Tradition und Produkte aus dem Herzen Sardiniens
Ja, die Bergregion rund um Nuoro hat es mir besonders angetan. Zwischen dem Traummeer von Golfo die Orosei, dem Gebirge des Supramonte und den Bergdörfern des Hinterlandes findest Du die ganzen Schätze der ursprünglichen sardischen Küche. Ich habe die Weihnachtszeit bisher auf Sardinien nicht erlebt, sondern nur die Frühjahr, Sommer und Herbst, stelle mir jedoch die bunten Lichter, die gemütlichen zu Hause, die Feste und Adventsmärkte und die Weihnachtsküche unglaublich schön vor.
Wenn Du in die Ciambelline di Dorgali beißt, schmeckst Du einen zarten-fluffigen Geschmack eines ganz sanften Mürbeteigs. Sei nicht überrascht, wenn Du in eine weiche Traumwolke beißt. Die fruchtige Marmelade zerläuft auf der Zunge mit dem Puderzucker und – sofern Du die Alkoholvariante wählst – verbindet sich mit dem beerig-kräftigen Geschmack des File Ferru, dem sardischen Grappa.
Der File Ferru und die im Originalrezept verwendete Orangenmarmelade kennzeichnen die Ciambelline aus Dorgali. Optisch macht der dekorative Teigstrang in Form einer Blüte bereits den Unterschied zu anderen Rezepten dieses Gebäcks auf der Insel. Im Südwesten zwischen Cagliari und Oristano fehlt beispielsweise diese Verzierung und der Grappa wird durch einen Likörwein ersetzt.
Selbstredend wird die Orangenmarmelade aus den sardischen sonnenverwöhnten Orangen selbst eingekocht. Besonders geschmacksintensiv beißt Du in den Kern aus frischer Zitrusfrucht. Riechst Du schon den Duft in Deiner Nase nach frischen Orangen? Wie herrlich die Wohnung danach duftet?
Der sardische Grappa File Ferru
Der sardische Grappa File Ferru – oder auf sardisch Fil’e Ferru – wird aus hochwertigen Weintrauben gebrannt oder als Variante mit dem legendären Mirto. Das macht den Geschmack einerseits intensiv wie einen hochprozentigen Grappa, andererseits aber unterstreicht er angenehm fruchtig die Marmelade und verwöhnt mit seinem frischen Duft die Nase. Der Name Fil’e Ferru für den Grappa entstand übrigens in der Zeit des Schwarzgebrannten. Die Flaschen wurden vergraben. Um sie wieder zu finden, wurde ein Eisendraht darin befestigt; der Fil’e Ferru.
Geschichtlich habe ich sofort in der Region der Barbargia einen florierenden Handel und eine sehr rustikale Lebensweise vor Augen. Wie gegensätzlich mutet da dieses zarte-weiche Backwerk an.
Das Geheimnis für die fantastische Teigkonsistenz und den intensiven Geschmack ist die Verwendung von Schmalz statt Butter. Viele sardische Rezepte, beispielsweise auch meine geliebten Formagelle, werden mit Schmalz im Teig gemacht. Du kannst natürlich stattdessen Butter oder Margarine verwenden, der geringere Fettanteil wird jedoch Deine Teigkonsistenz und den Geschmack verändern.
Das Geheimnis
Der Schmalz macht aus diesem Mürbeteig einen geschmeidig zarten Teig, der Dich bereits beim Ausrollen begeistern wird. Er fühlt sich so einzigartig seidig unter den Fingern an und ist auch gut für die Teigstränge verarbeitbar. Spätestens wenn Du in das fertig gebackene Plätzchen beißt und diesen phänomenalen Teig schmeckst, wie er gerade zu im Mund zergeht, wirst Du aus dem Schwärmen nicht mehr rauskommen.
Noch eine Bemerkung zu meiner Abwandlung: Ich habe die Ciambelline für meinen Papa gebacken. Aus diesem Grund habe ich die Orangenmarmelade ersetzt durch eine Himbeer-Pflaumen-Marmelade, die ich jedoch frisch eingekocht habe und den Grappa ersatzlos gestrichen. Diese Variante ist somit auch eine hervorragende, kinderfreundliche Variante. Versuche aber auch sehr gern das Original-Rezept. Es wird Dich begeistern.
Zutaten:
250g Mehl (Deutsches Mehl Typ 405 oder italienisches Mehl 00 per dolci), 80g Zucker, 80g Schmalz, 2 Eier, Zitronenabrieb einer ½ Biozitrone oder bei einer kleinen Zitrone einer ganzen Frucht, eine sehr gute Messerspitze lievito per dolci oder Backpulver, eine Prise Salz, einen Löffel Milch, einen Schuss Fil’e Ferru (optional), Orangenmarmelade – ich habe sie nicht abgewogen und schätze rund 150g.
Rezept:
Schmalz zerlassen, aber nicht erhitzen (ich habe es im Wasserbad weich werden lassen und mit der Hand kurz schaumig aufgeschlagen). Mehl sieben mit Zucker vermischen und das Ei und den cremigen Schmalz einrühren. Zitronenabrieb, Salz, Backpulver und die Milch nach und nach ergänzen. Den Teig mit der Hand weiterkneten Er wird sanft-seidig. In Frischhaltfolie gewickelt im Kühlschrank mindestens eine Stunde ruhen lassen.
Du kannst natürlich auch alle Zutaten zusammen verarbeiten. Wie bei Pasta greift auch beim Backen meine Küchenphilosophie per Hand und mit Zeit und Amore zu arbeiten. Daher habe ich den langsameren Weg des per Hand aufschlagen und vermischen und kneten gewählt.
Form:
Den Teig auf einem Brett mit dem Matarello ausrollen. Fühle den Teig, er hat eine ganz zarte Konsistenz. Steche mit einer Keksform Blumen aus. Die Reste um die Ausstechformen herum haben mir für die dünnen Teigstränge gereicht. Die Reste vom Ausstechen miteinander gut durchkneten. Der Teig ist elastisch und Du kannst ihn nun in passende, ganz dünne Teigstränge rollen. Achte dabei, dass Du beim Rollen den Teig nicht platt drückst, sondern mit einer lockeren Handbewegung beider Hände einen dünnen, elastischen Strang zu bekommen.
Mit dem Teigstrang einen Kreis auf die ausgestochene Form legen, einen Teelöffel mit Marmelade hineingeben und entsprechend den Teigstrang darüber formen.
Den Backofen auf 180 Grad vorheizen und ca. 15 Minuten auf mittlerer Schiene backen. Im Anschluss mit Puderzucker betreuen.
Marmelade
Die Marmelade habe ich vorher selbst eingekocht: 125 g Himbeeren, 125 g Pflaume kleingeschnitten habe ich mit 80 g Gelierzucker vermischt, etwas Zimt untergegeben und eine Stunde ziehen lassen. Die Masse gut aufgekocht, püriert und anschließend noch einmal kurz aufgekocht.
Du magst mehr Sardinien? Wie wäre es mit meinem Beitrag zu Oliena oder tauche ein in die Küche von Presede beim Pane Carasau backen. Ein echter Klassiker aus Italien ist die Torta della Nonna, die ich zufällig das erste Mal auf Sardinien gegessen habe. Hier geht es zum Rezept. Oder stöbere einmal bei den Pastarezepten, zum Beispiel den Maccarones de Busa von Sardinien. Sardische Pastarezepte findest Du auch in meinem Pasta-Kochbuch.
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