Als ich im Mai auf die Fähre im Hafen von Calasetta spazierte und wir Kurs auf Carloforte nahmen, verlies ich gleichzeitig auch irgendwie Sardinien. Carloforte, der einzige Ort auf der Insel San Pietro ganz im Südwesten Sardiniens, ist nicht nur ein zauberhafter Ort, an dem Dein Herz hängen bleibt, es steht auch heute noch unter dem Einfluss Genuas. Das macht es zu einem unvergleichlichen, besonderen Ort.
Es ist ein herrlicher Sonntagvormittag, als ich mich von der Gegend um Pula durch die ursprünglichen Berge und über die Serpentinen hinunter auf die Insel Sant’Antioco mit dem Auto arbeite. Direkt im Hafen vom Hauptort Calasetta lasse ich mein Auto stehen um mir ein Fährticket zu kaufen. Dabei spaziere ich entlang von verschiedenen Ape-Modellen, die vor den Fischerboten stehen. Wie wunderschön. Ich bin schon jetzt entzückt. Sonntagvormittag im Mai war der große Parkplatz übrigens kostenlos und leer.

Los gehts für mich in Sant’Antioco
Da ich in Carloforte Vanissa zum Pastamachen treffe, habe ich mich dazu entschieden zu Fuß auf die Fähre zu gehen und das Auto hier in Calasetta stehen zu lassen. Nach dem Workshop und dem Mittagsessen mit Vanissa werde ich einfach nur durch Carloforte schlendern, an der Marina aufs Meer schauen und noch ein wenig die Seele baumeln lassen.
Schon lange versuche ich mehr slowtraveling und die Momente zu genießen, statt möglichst alles zu sehen und dann am Ende nichts wahrzunehmen. Als schöne Nebenprodukt habe ich dabei immer Dinge, auf die ich mich bei einer Rückkehr freuen kann.
Denn auch die Strände und die Natur sollen traumhaft schön sein. Wenn Du beispielsweise eine Tagestour nach San Pietro machst und Dich vielleicht nicht wie ich mit jemand dort triffst, lohnt sich das Auto auf jeden Fall um das kleine, zauberhafte Carloforte aber auch die Strände zu erkunden. Auch um mit dem Fahrrad die Insel zu erradeln ist es perfekt.


Mit der Minikreuzfahrt verlasse ich auch ein Stück Sardinien
Und dann legt auch schon die Fähre ab und ich genieße diese kleine Minikreuzfahrt ins Glück. Die Überfahrt dauert nur knapp 30 Minuten, aber ein bisschen Wind im Haar, die Sonne auf der Nasenspitze und das herrlich blaue Meer mit Blick auf Horizont und dem entlanggleitenden Festland ist schon erholsam.
Schnell kommt Carloforte in Sicht. Meine Augen leuchten als ich diese vielen kleinen, bunten, pastellfarbenen Häuser sehe. Märchenhaft. Als ob hier ein Maler seine ganze Farbpallette vor dem Horizont ausgeschüttet hat.
Am Fähranlege werde ich bereits von Vanissa erwartet und wir schlendern in ihr Haus in der Altstadt. Es ist nach 13 Uhr als ich mich auf eigene Faust aufmache die Stadt zu erkunden. Satt und unglaublich erfüllt von dieser warmherzigen Begegnung gerade soll es ein Nachmittag für mich werden, der mein Herz pulsieren lässt.



San Pietro ist eine ganz eigene Welt, traumhaft, romantisch, überraschend
Es ist wie eine eigene Welt hier auf San Pietro. Die kleinen, bunten Gassen sind wie ein Traum. Malerisch, romantisch, zauberhaft sind Worte, die mir in den Sinn kommen. Ja, Carloforte ist so ein unberührter Ort und einer, der kulinarisch herausragend und überraschend ist.
Nur per Boot erreichbar, schmiegt sich die Altstadt direkt an den Hafen und die Marina mit ihren Yachten an. Etwas hügelaufwärts thronen die Überreste der alten Festung und ihrer Wehrtürme. Hier und da blitzt das blaue Meer am Ende einer Gasse.
Du kannst ganz entspannt einfach nur durch den Ort schlendern, mal für einen Caffe oder Vino anhalten, ein Gelato auf die Hand nehmen und den Moment genießen.
Du kannst aber auch darüber hinaus noch Dein Herz öffnen und die unwiderstehliche Magie spüren, die so ein kleiner Ort zum Träumen bereithält. Ich höre das Klappern von Töpfen und Tellern und die italienisch sprechenden Stimmen um die Mittagszeit, die aus den Häusern zu hören sind. Die Türen geöffnet, der Vorhang als Sichtschutz bewegt sich leicht. Was dort wohl gerade auf den Tisch kommt?




Ich schlende durch die farbenfröhlichen Gassen Carlofortes
Hier und da weht natürlich auch die Wäsche vor den Fenstern in den oberen Stockwerken im Wind. Manchmal bringt mich die passende Farbe der darauf hängen Bettwäsche und Handtücher oder einem Sommerkleid zur Farbe des Hauses zum Schmunzeln.
Wer wohl hier wohnt? Wieviel Pasta wurde drinnen vielleicht schon einem alten Küchentisch voller Kerben gemacht. Wie viele Streitereien und Versöhnungen hat das Haus schon erlebt, wieviel Lachen und fröhliches Kinderrennen?
Carloforte ist ein Ort zum Erholen. Die Uhren ticken hier fast noch langsamer als auf der großen Insel Sardinien und dort genieße ich ja schon die Langsamkeit. Kein Wunder, dass auch viele Einwohner des pulsierenden Cagliaris hier ihr Wochenendhaus haben.





Carloforte ist Entschleunigung und Genießen
Morgens heißt es erstmal in Ruhe einen Cappuccino trinken, vielleicht dann ein paar Einkäufe in einem der kleinen Geschäfte, bei der Gemüsefrau erledigen oder sich im Tabacchi die Zeitung zu holen. Das Basilikum vor dem Fenster wird noch eben gegossen und auch der Oleanderbusch neben der Tür.
Ein Tramezzini mittags oder doch ein ordentlicher Pranzo mit Freunden, dann geht’s im Sommer auch schon an den Strand. Also das Badetuch von der Leine geholt und mit der Sonnencreme eingepackt, das Buch dazu und auf das Fahrrad geschwungen.
Abends dann nach einer kurzen Dusche, um das Salz des Meeres von der Haut und dem Bikini zu spülen, spürt man die Leichtigkeit des Seins mit Freunden bei einem Apero. Die Gläser Spritz klingen beim Anstoßen während man lebhaft diskutiert, wo und was man zum Abendessen hingeht, gefolgt von der Überlegung ob man zum Colazione am nächsten Morgen mal zur Abwechslung statt Cornetto con crema vielleicht mal Pistazie probiert.
Alles das fühle ich, als ich durch die Gassen schlendere. Es ist ein Ort für Romantiker und verträumte Genussmenschen wie mich. Kein Wunder, dass Carloforte zu den „Borghi più belli d’Italia“, den schönsten Dörfer Italiens gehört.
Nachmittags spaziere ich entlang der langen Marina, sehe kleine Fischerboote wie auch große und kleine Yachten in den Wellen schaukeln. Auf einer der Bänke lasse ich mich nieder, im Schatten einer Palme und lasse mich ein wenig mit schaukeln. Entgegengesetzt der Marina sind die Salzseen und alten Anlagen zu sehen. Entlang der Lagune führt ein Fuß- und Radweg. Aber diesen musst ich mir für einen anderen Besuch aufheben. So entdecke ich auch nicht naturbelassene Macchia und die atemberaubenden Strände, die es hier geben soll.




Carloforte und der herausragende Thunfisch
Das Meer ist hier allgegenwärtig. Auch in Form der renommierte Marineschule, auf die die Einwohner stolz sind.
Das Meer hier sorgt auch kulinarisch für etwas ganz Besonderes. Carloforte ist nämlich bekannt für seinen hervorragenden Thunfisch. Sicherlich hast Du auf Sardinein bereits die roten und gelben Thunfischdosen entdeckt, aber auch frisch ist er ein Genuss, wenn auch preislich natürlich anspruchsvoll. Schon seit Jahrhunderten steht Carloforte für seinen Thunfischfang, vor allem für den erlesenen roten Thunfisch. Dieser tummelt sich in der Enge zwischen San Pietro und Sant’Antioco.
Ein Fest für Spitzenköche und Gaumenfreunde. Da überrascht mich auch die Gastronomiedichte nicht, mit Speisekarten zum dahinschmelzen und an deren Wänden Michelin-Auszeichnungen hängen. Was mich jedoch an diesem Tag überrascht ist der große ligurische Einfluss. Ja, Ligurien.


Warum ich plötzlich in Ligurien bin….
Im 16. Jahrhundert ließen sich zunächst Händler und Fischer aus Ligurien auf der Insel Tabarca vor der Küste Tunesiens nieder, später siedelten sie sich auf der Insel San Pietro an. Noch heue wird hier daher ligurischer Dialekt (Das alte Tabarchìn) gesprochen. Die farbenfröhlichen Häuser sind mehrheitlich im ligurischen Stil gebaut, aber noch viel mehr steckt in der Küche Carlofortes ganz viel Ligurien. Heute ist Carloforte Ehrengemeinde Genuas.
Es ist Sardinien und doch irgendwie auch eher Norditalien. Einfach ein ganz eigener Mikrokosmos, diese kleine Insel vor Sardinien. Das macht es einmal mehr magisch für mich. Die Küche Ligurien ist eine frische Küche, viele Kräuter, Fisch und reichhaltig an Aromen.
Das berühmte Gericht Carlofortes „Pasticcio alla carlofortina“, ein Pasta-Primo, ist auch der Grund für meinen Besuch von Vanissa und Carloforte. Während die Pasta rund um Curzétti, Macaruin, Casulli, Le lazagnétte richtig alt ist, ist es das Rezept zusammen mit Sugo tatsächlich aber noch nicht. Vor rund 15 Jahren hat ein Carlofortiner Koch dieses mit Verwendung der alten Pastasorten entwickelt und schon ist es eine Legende!


Eine Legende, von der ich Dir in einem anderen Beitrag erzählen werde.
Für mich heißt es jetzt langsam wieder die Fähre zu besteigen um wieder nach Sardinien einzutauchen. Neben Calasetta kannst Du übrigens auch von Portovesme mit der Fähre übersetzen. Wenn Du dort warst oder es besucht, erzähle mir gern wie es Dir gefallen hat.
Bevor Du gehst ….
Wenn Du noch einen weiteren besonderen Ort auf Sardinien entdecken möchtest, komme mit mir nach Oliena. Kulinarisch darfst Du natürlich Fregola nicht verpassen. Begleite mich in diesem Beitrag zu Pina.


Noch viel wichtiger ist aber meine folgende Herzensempfehlung: Mein Pastaworkshop-Sommerspecial am 16. August in Darmstadt. Denn hier bringe ich Dir tatsächlich die Küche Carlofortes in einem einzigartigem Tag nach Deutschland.
Aber auch wenn Du an diesem Tag nicht dabei sein kannst, lerne von und mit mir in kleinen Gruppen online oder live in Darmstadt auch andere Pastateige und Pastaformen. Hier kannst Du stöbern.

Wenn Du gern zu Hause noch in Sachen Pasta in Deiner eigenen Küche probieren magst, empfehle ich Dir mein Pastabuch „Pasta con Passione“ . Du lernst nicht nur die Grundlagen, es hat sogar ein kleines Kaptitel zu Sardinien unter anderem mit Spizzulus und Lorighittas.
Wenn Du zwei bis vier Mal im Monat kulinarische Post mit meinen Küchen- und Reisestories erhalten magst, trag Dich auch gern direkt in meinen Newletter ein. Für Behind-Storys und noch mehr Sardinien, Pasta und Italiengefühl folge mir auch gern auf Instagram