Was passiert, wenn Du Deinen Pastateig mit der Hand ausrollst? Es wird eine unglaubliche Pasta wie bei den Nonnas. In den letzten Wochen rolle ich ausschließlich meinen Pastateig mit der Hand aus. Und könnte damit nicht glücklicher sein. Es ist ein einzigartiges, traditionelles Handwerk aus den Küchen Italiens die Pasta so auszurollen – und in der Emilia Romagna auch ein Beruf. Heute, wo alles immer schnell gehen muss, geht langsam die alte Technik der Sfoglina verloren. Dabei ist es nicht nur magisch und schenkt Dir unglaubliche Glücksgefühle, es macht auch einen Unterschied in der Qualität und im Geschmack Deiner Pasta.
Es gibt wohl kaum eine Küche ohne ein Nudelholz. Du hast bestimmt auch eines. In Italien heißt es Mattarello und hat eine andere Form als ein deutsches Nudelholz. Es ist ein schlankes, meist langes Holz – entweder ganz ohne Griffe oder nur mit angedeuteten. Aber da schauen wir später noch mal genauer drauf.
Mit dem Mattarello Pasta auszurollen schenkt Deiner handgemachten Pasta mehr Geschmack
Wenn Du mit einer Maschine den Pastateig ausrollst, wird er glatt und durch die Walzen auseinander gepresst. Wenn Du Deinen Pastateig mit dem Mattarello ausrollst, dehnst Du ihn langsamer und sorgsamer. Das schützt vor Rissen. Durch das Holz erhält Deine Pasta eine rauere Teigstruktur, die mit dem Sugo verschmilzt. Außerdem kannst Du je nach Pastaform exakt die Dicke herstellen, die Du benötigst. Also kannst Du beispielsweise Tortelliniteig wirklich hauchdünn ausrollen und für Lasagne oder Fettuccine den Teig etwas dicker lassen. So bekommst Du immer den perfekten Geschmack, wie Du ihn Dir wünschst.
Immer vorausgesetzt, Du hast den richtigen Teig, die richtige Technik und das richtige Werkzeug. Für mich ist das Ausrollen eines Mehl-Eierteiges per Hand wie eine echte Sflogia die Königsdisziplin. Die Arbeit der Sfoglina ist eine Handwerkskunst mit einer Jahrhunderte alten Tradition. Aber auch in den alltäglichen Küchen wird seit jeher mit dem Nudelholz Pasta gerollt. Doch auch hier wird es weniger. Die jungen Italiener lernen nicht mehr alle wie man frische Pasta macht. Ich selbst habe bereits in Italien im privaten Umfeld Pastapartys mit Locals gefeiert, bei denen ich erst mal wie man frische Pasta macht zeigte.
Eine Pasta wie die Erinnerung an die Küche Deiner Nonna
Aber wer liebt es nicht, der Nonna oder der Mama zuzugucken, wie sie auf einem alten Holzbrett mit einem Mattarello sonntags den Pastateig ausrollt. Ein Mattarello, welches schon unzählige Geschichten von Teigen zu erzählen hat. Und sehnst Du Dich nicht auch nach dem Geschmack dieser Pasta.
Schließe die Augen und stelle Dir den Geschmack eines Tellers dieser dampfenden Lasagne vor. Der Teig handgeknetet und handgerollt und zusammen mit einem langsam und schonend auf dem Herd köchelnden Ragu serviert mit dem Duft von frischen Kräutern. Und jetzt stelle Dir vor eine TK-Lasagne aus dem Supermarkt, die Du isst. Oder ok, eine Pasta bei deren Lasagneblätter per Maschine geknetet, gerollt und geschnitten wurde. Was schmeckt besser? Was lässt Dich mehr strahlen? Womit verbindest Du mehr glückliche Gefühle und Erinnerungen – und warum?
Für mich ist es also jede Minute wert diese Traditionen zu erlernen und weiterleben zu lassen. Nichts macht so glücklich wie das Gefühl mit den Händen so ein großartiges Essen gemacht zu haben. Und zwar aus Mehl, Ei und einer Prise Salz. Natürlich kann man mit dieser Art nur begrenzte Mengen herstellen. Um so wertvoller wird diese Mahlzeit.
Ein Stück Magie und Schwärmerei
Wie oft habe ich ehrfürchtig, begeistert und auch mal neidvoll in den Küchen gestanden und dabei zugesehen wie Pina auf Sardinien, Susanna in der Toskana oder die Mama einer Freundin am Gardasee und alle die anderen routiniert mit langen Pastahölzern den Teig ausrollen. Fasziniert hat mich dabei immer die Technik und die Leichtigkeit. Wann immer ich konnte, habe ich mir genau dies abgeguckt und selbst geübt.
Die größte Herausforderung dabei ist sicherlich der Teil, wenn man das Holz mit den Händen von innen nach außen in kreisenden, fließenden Bewegungen führt. Das braucht nicht nur das Wissen, sondern auch einfach Übung.
Ein ganz simpler Vorteil eines Mattarello liegt auch bei der Vereinbarkeit mit meinen Reisen. Während meine Pastamaschine immer in meiner Küche steht, geht eines meiner Mattarellos immer auf Reisen mit mir. In der Regel ist es ein handliches und nicht eines meiner großen Hölzer. Inzwischen können sie auch viele Geschichten erzählen vom Gardasee, aus dem Piemont, aus der Toskana oder Sardinien oder wo auch immer ich in den letzten Jahren war.
In der ein oder anderen Ferienwohnungsküche von Locals war sogar ein Mattarello vorhanden. Private Unterkünfte von Italienern haben auf Grund des hohen Stellenwertes meist gut ausgestattete Küchen.
Meine Mattarellos sind Lieblingsstücke mit Erinnerungen
Meine persönlichen Stücke habe ich alle auch von meinen Reisen mitgebracht. Mein erstes, einfaches Mattarello vom Gardasee, mein geliebtes Olivenholz aus der Toskana, mein großes, einfaches Mattarello aus dem Piemont und mein neues Lieblingsstück aus sizilianischem Zitronenholz ist eine handgefertigte Einzelanfertigung ebenso aus Italien.
Sicherlich hat mein großes Zitronen-Mattarello auch mit der aktuellen sehr großen Liebe zum Handausrollen beigetragen. Gutes Werkzeug macht einfach mehr Spaß und schenkt auch bessere Ergebnisse.
Also lass uns mal auf so ein Mattarello schauen. Worauf solltest Du achten, wenn Du Dir ein Matarellos kaufst?
Wichtig ist natürlich ein italienisches Nudelholz zu kaufen, flach und ohne Griffe bzw. schmale Griffe. Nur so hast Du die entsprechende Kraftübertragung und kannst auch beispielsweise die bereits erwähnten kreisenden Bewegungen ausführen. Der Durchmesser ist meist nur so rund vier bis sechs Zentimeter.
Wie lang sollte es sein? Zum Start reicht Dir ein kurzes, ganz einfaches Mattarello von 40 cm Länge. Ist bei Dir jedoch schon die Liebe zur handgemachten Pasta entfacht und Du möchtest regelmäßig Pasta per Nudelholz ausrollen, sollte es von Anfang an länger sein. Tatsächlich werden auch schon 100 g Pastateig dünn ausgerollt sehr breit. Mit 50 bis 80 cm Länge kannst Du Pastateige gut ausrollen ohne die Teigkugel zu teilen. Rollst Du regelmäßig große Pastateige wie 400 g und mehr, dann sollte Dein Mattarello eher 80 – 100 cm Länge haben.
Mein Olivenholz-Mattarello ist beispielsweise 45 cm lang und ist damit für richtig gutes Ausrollen zum Ende hin leider zu kurz. Dennoch habe ich lange Zeit damit gearbeitet – und es geliebt. Mit meinen beiden langen Hölzer mit 65 cm und 80 cm kann ich dagegen immer gut arbeiten.
Welches Material – welches Holz eignet sich?
Spielt das Holz für ein Mattarello eine Rolle? Muss es überhaupt Holz sein oder eignet sich nicht auch eines aus Marmor oder Silikon? Einige Menschen schwören beispielsweise auf ihre Marmorrolle. Für das beste Ergebnis einer traditionellen frischen Pasta braucht es jedoch in der Tat eine Rolle aus Holz. Denke an die eingangs erwähnte Struktur des Pastateiges, die Du mit Holz erreichst. Das Holz absorbiert dabei auch Feuchtigkeit oder Mehl, ist griffig und gibt Halt. Viele Gründe, warum auch die professionellen Sfoglina aus der Emilia Romagna ein Mattarello aus Holz verwenden oder die Nonnas seit Generationen zu Generationen Holz und nicht Marmor weitergeben.
Es gibt Mattarellos aus den unterschiedlichsten Holzarten. Damit haben sie verschiedene Gewichte oder reagieren unterschiedlich auf die Feuchtigkeit und das Mehl eines Pastateiges.
Die einfachen Nudelhölzer sind aus robustem Buchenholz. Aus Buche ist auch mein erstes Mattarello vom Gardasee und auch mein 80 cm langes Mattarello aus diesem kleinen Werkzeugladen im Piemont. Auch sind meine Mattarello, die ich in den Workshops nutze aus robuster Buche. Buchenhölzer sind fein und gleichmäßig gemasert, langlebig und haben eine gute Dichte.
Nudelholz aus Olive
Mein Liebling ist jedoch mein Olivenholz. Es gleitet angenehm und leicht über den Teig und gibt der Pasta eine feine Struktur. Es fühlt sich einfach wunderbar unter den Händen an und macht so viel Freude, aus einer Teigkugel mit jeder Handbewegung eine sanfte, wundervolle, geschmackvolle Pasta zu erschaffen. Wichtig bei Olivenholz-Mattarellos ist, dass es eine dichte Maserung ohne Löcher oder Verästelungen hat, in der sich beispielsweise das Mehl sammeln könnte oder der Teig hängen bleibt.
Genau dies liebe ich zwar an Olivenholz, aber für ein Mattarello wäre es ungeeignet. Meines hat dennoch eine einzigartige honigfarbene Maserung. Vielleicht stammt es von einem jahrhundertealten, knorrigen Olivenbaum. Auch wenn ich es nicht weiß, so schwingt ein bisschen dieser Magie bei jedem Teigausrollen mit. (Solltest Du ebenso in Olivenbäume Dein Herz verschenken wie ich, lese auch gern meinen Beitrag über die Olivastri Millenari auf Sardinien. Es ist eine Heimat für 4.000 Jahre alte Olivenbäume.)
Mein Lieblingsstück: Aus seltenen Zitronenholz
Im vergangenen Dezember habe ich mir dann mein neues Lieblingsstück gegönnt. Zugegeben, es ist eine Investition – vielleicht auch ein kleiner Luxus. Aber es war jede Minute Wartezeit und jeden Cent wert. Mein Lieblingsstück ist eine Einzelanfertigung aus einem seltenen sizilianischen Zitronenholz. Aus diesem Grund dauerte die Fertigung auch mehr als zwei Monate. Auch wenn der Zitronenduft leider nicht mehr so intensiv wie am Anfang ist, er ist noch immer da.
Das Zitronenholz fühlt sich unter den Fingern unglaublich an. Ich muss es einfach immer wieder streicheln, daran riechen und mich an der einzigartigen Farbe und der Struktur der Zitrone erfreuen. Wieder und wieder stelle ich mir vor, in welchem Zitronenhain dieser Baum vielleicht einmal stand. Wie viele Jahre hat er die aromatischsten Zitronen wohl getragen.
In meiner romantischen Vorstellung wurde der Hain natürlich von einem alten Zitronenbauer bewirtschaftet, der per Hand sorgsam die Zweige zurückschnitt, den Duft einatmete und die Früchte pflückte. Wer weiß, vielleicht hat dieses Stück Zitronenholz sogar Aussicht auf das schimmernde Meer.
Pastateig ausrollen ist immer auch Emotion
Ich bin eine Träumerin. Eine Träumerin, die auf Reisen in Italien an keinem Zitronenhain vorbeigehen kann ohne den Duft einzuatmen und verzückt auf die Bäume und Früchte zu schauen.
Mit diesen Gefühlen rolle ich also nun meinen Pastateig aus. Platziere sorgfältig meine kreisenden Bewegungen, lege den Teig um das Mattarello und Du ahnst es vielleicht schon, das Zitronenholz gibt dem Pastateig eine einmalige, leicht raue Struktur – egal ob mit dem klassischen Mehl-Eier-Teig der Bolognesi oder dem süditalienischen Semola-Wasser-Teig. Jede Pasta vereint sich mit der Füllung und dem Sugo wie zwei frisch Verliebte.
Es schenkt mir so ein einzigartiges Glücksgefühl, wenn ich mit einer solchen Geschichte in der Hand aus eigener Kraft und mit Gefühl und Emotionen so eine großen Pastateig ausrolle und Pasta herstelle. Es erdet mich in dieser schnellen Welt, lässt mich alles um mich herum vergessen und entspannt mich.
Die Tradition der Pastamacherinnen und das Geheimnis des Slowfood
Pasta von Hand zu kneten, auszurollen und zu formen ist der Inbegriff von bestem italienischen Slowfood. Die richtige Technik ist zu Recht eine besondere Kunst. Das Geheimnis liegt unter anderem darin, durch ständig 90 Grad Drehungen und sanft kreisende Bewegungen den perfekten, gleichmäßigen Teigkreis auszurollen und ihn dabei sanft zu dehnen. Du kannst sehr fein justieren und den Teig wirklich perfekt auf den Punkt bekommen.
Wenn der Teig zu groß für Dein Brett und für Dein Mattarello wird, kannst Du ihn über die Kante des Brettes hängen lassen sowie um das Mattarello rollen. Vergiss nicht, während des Ausrollens immer mal wieder etwas Mehl einzuarbeiten, damit er nicht klebrig wird. Gleichzeitig aber darfst Du nicht zu langsam sein und zu lange brauchen, so dass der Teig Dir dabei nicht austrocknet.
Lerne diese Magie
Eine Anleitung und weitere Tipps, wie Du den Pastateig mit Deiner Pastamaschine oder dem Mattarello ausrollst, findest Du in diesem Beitrag.
Rezepte und Geschichten rund um die echte Bologneser Pasta und deren Traditionen sowie verschiedene weitere Pastaformen aus verschiedenen Regionen Italien findest Du auch in meinem Buch „pasta con passione“.
Workshops
Hand aufs Herz, Texte und Bilder aber ersetzen beim Lernen einer solch komplexen, traditionellen Handwerk keinen Kurs. Im Rahmen von Workshops siehst Du die einzelnen Schritte nebst Erklärungen und bekommst beim Selbst-Üben Hilfestellung und Tipps zu Deiner Technik. Fühle selbst diese Magie, lerne Dein Mattarello besser kennen und erlebe das Glück, wenn unter Deinen Händen ein einzigartiger Pastateig entsteht der einfach next level ist und wirklich so schmeckt wie im letzten Italienurlaub oder bei Deiner Nonna mit Erinnerungen aus der Kindheit.
In allen meinen Workshop streife ich ein wenig das Thema und zeige die Basics. Schau gern hier in meine aktuelle Angebote. Wenn Du die Technik aus Bologna jedoch richtig und in Ruhe lernen möchtest, lege ich Dir einen individuellen Kurs ans Herz oder melde Dich bei mir für ein Interesse an einem Gruppenkurs. Wenn genügend Interessierte zusammen kommen, biete ich gern wieder einen digitalen Kursen dazu an. Schicke dazu einfach eine Mail über mein Kontaktformular oder frage einen individuellen Kurs hier an.
Ein Mattarello kaufen
Du hast es gelesen, meine persönlichen Mattarellos habe ich alle bei meinen Reisen in Italien gekauft. Sie haben die Seele des Landes und ihre eigene Geschichte. Vielleicht möchtest Du aber gern direkt starten und einfach bei Amazon bestellen. Dann hilft Dir die nachfolgende Auswahl. (Affiliate-Link von Amazon – bei der Bestellung erhalte ich von Amazon eine Miniprovison):
Ein einfaches, kleines Mattarello zum Start Made in Italy ist dieses hier. Mit denen arbeite ich auch in meinen Workshops: https://amzn.to/4cFY6yb. Ein etwas feineres aus Olivenholz kannst Du Dir hier ansehen: https://amzn.to/3VLZiKi. Ein großes Mattarello von Tagliapasta (einer italienischen Marke, mit der ich gute Erfahrungen gemacht habe) aus Buche 100 cm lang findest Du hier: https://amzn.to/3LJqkvK.
