Genau vor einem Jahr durfte ich ein paar Tage als Burgprinzessin im wunderschönen Piemont verleben. Mit einer absoluten Traumaussicht über dahin gegossene Hügellandschaft, Weinreben und romantische Burgen konnte ich auch nicht widerstehen frische Pasta zu machen. Und die unwiderstehlich gut und einfach mit wenigen Zutaten und Küchentools. Ich bin heute noch verliebt. Es ist gleichzeitig mein Rezept für unterwegs oder in der Woche ohne Einkauf. Daher teile ich es einmal mehr sehr gern mit Dir.
Vor einem Jahr erfüllte ich mir den Traum, die Trüffelmesse in Alba zu besuchen. Vier Tage entdeckte ich Anfang November das zauberhafte Piemont mit seinen unzähligen Feinschmeckergenüssen. Angefangen bei dem schier mir den Atem raubenden Duft der Trüffel in der Messehalle, über Agnolotti di plin, Tajarin, dem regionalen Toma-Käse, alles rund um Tartufo bis hin zu den Nocciola Piemonte und in Turin dem Bicerin. Bei der Wahl meiner Unterkunft habe ich dabei ganz zufällig ein absolutes Juwel aufgetan.
Romantische Hügel und Castellos – ich erlebe Castellinaldo d’Alba als Burgprinzessin
Es ist dunkel, als ich am Abend auf dem höchsten Punkt von Castellinaldo d’Alba durch die Burgmauern schreite und bei meiner Ferienapartment-Vermieterin klingle. Lichterketten tauchen die Gasse in eine heimelige Atmosphäre, in der Ecke steht eine romantische, nostalgische Sitzgruppe.
Doch als ich durch die schwere Castellotür in dieses historische Gewölbe trete und mein Blick durch die Fenster über ein Lichtermeer des Dorfes zu meinen Füßen fällt, kann ich mein Glück kaum fassen. Sanfter Nebel zieht etwas auf. Noch ahne ich nicht, was für ein atemberaubender Ausblick mich am Morgen erwarten wird.
Was für ein Panorama
Ja, mein Atem stockte am nächsten Morgen bei diesem Ausblick über das weite Tal. Links von mir schlägt die alte Kirchenuhr zur vollen Stunde. Direkt daneben eröffnet sich eingebettet in die unglaubliche Bergkette der piemonteser Alpen die Landschaft aus Hügeln, romantischen Castellos und Burgen umgeben von Wein, Wein und noch mehr Wein. Gegenüber sind die Häuser von Castagnito auf der Anhöhe zu sehen. Es ist ein Traum. Ich glaube, genau hier ist das Piemont gemalt worden.
Castellinaldo d’Alba erwartet mit der größten Dichte an Weingütern im DOC-Gebiet des Roere-Weins.
Das rund 12 Kilometer von Alba entfernte Castellinaldo d’Alba gehört zum Gebiet Roero an der Kante zu Langhe. Benannt ist das Gebiet nach der Adelsfamilie Roero, die hier einst lebte. Es liegt auf einer Bergspitze. Ganz oben thront das Castello Damiano. Darunter schmiegt sich das kleine Dorf mit seinen wenigen schmalen Straßen in die Hänge. Umgeben ist der Ort von den schönsten Weinbergen.
Castellinaldo d’Alba hat tatsächlich die größte Dichte an Weingütern im DOC-Gebiet des Roere-Weins. Allein in der Gasse des Castello Damiano könnte ich von Weinprobe zu Weinprobe gehen und bei der Anzahl an Möglichkeiten vermutlich schnell nur noch wanken. Zu entdecken und verkosten gilt es vor allem den Rotwein aus der Nebbiolo-Traube und den weißen Arneis.
Ich bin am Morgen jedenfalls restlos verzaubert, wie ich mit meiner dampfenden Kaffeetasse auf der Terrasse stehe. Warum reisen alle in die Toskana statt ins verträumte Piemont?
Ein Castello mit einer Geschichte von 1042 und das Land stielt mir das Herz
Die großen Fenster ermöglichen mir dieses Panorama bereits vom Bett aus. Gerade erblüht die Sonne zart hinter den Hügeln. Meine kulinarische Auszeit brachte mich ins Herz dieser Traumlandschaft. Ich residiere (man kann das wirklich nicht wohnen nennen) wie eine Principessa in einem mittelalterlichen Castello. Die Geschichte des Castello Damiano fängt schon 1041 an und kaum überraschend, es wurde adelig.
Das Castello mit der angrenzenden Kirche wechselte vielfach den Besitzer, die Familie Damiano aber wohnte hier über den längsten Zeitraum. Die Adelsfamilie herrscht einst nicht nur über die Stadt, sondern auch über große Teile der Region. Während das dazugehörige einst prachtvolle Schloss der Familie Damiano dem Verfall preisgegeben ist, sind im Castello heute Ferienapartments und das Casa di Vino.
Wo Italien einfach das Herz stiehlt
In dieser Hügellandschaft, in diesem Ausblick kann ich mich nur verlieren. Ich sitze einfach da, hoch oben in meinem Castello, den Vino in der Hand oder morgens den Kaffee und gucke. Und bin glücklich. Jedes Blatt, jeden Stein eines Hauses, jede kleine Erhebung dieser majestätischen Hügel, die Strahlen der Sonne, alles das schließe ich tief in mir ein. Ich atme durch und fülle meine Seele. Genauso ist Italien in den Herzen und Träumen Millionen Menschen und auch in mir.
Ja, genau in solchen Momenten, an solchen Orten stiehlt mir Italien einfach so mein Herz. Nur durch seine Schönheit. Im Herbst explodieren dabei noch die Farben mit immer noch sattem Grün und dem Gemisch aus gelb, rot, orange – was für eine Farbpalette hat da die Natur ausgepackt.
Die Strada di romantica lädt Feinschmecker und Wanderer ein
Dieses Gebiet ist für Feinschmecker und Weintrinker ein Paradies, aber auch für Wanderer. Als an meinem Tag vor der Weiterreise an den Gardasee morgens die Sonne die ganze Landschaft in seine schönsten Herbstfarben taucht, schnüre auch ich die Schuhe und streife durch die Weinberge. Castellinaldo d’Alba liegt an der Strada di romantica und ein Stück dieses Wege laufe auch ich. Erst einmal steige ich von meinem Castello hinunter, schlendere durch das urige Dorf, rieche an Granatäpfeln, höre Vögel und steige auf der anderen Seite wieder hinauf durch malerische Weinhügel.
Anfang November ist es ruhig im Dorf. Von meiner Terrasse aus, kann ich auf das einzige, geöffnete Caffé blicken. Ich sehe das lebhafte Treiben morgens, wenn die Italiener auf den Weg zu Arbeit oder mit der Zeitung in der Hand am Vormittag ihren Caffe trinken. Da höre ich Tassenklappern, Stimmengewirr, Türenschlagen, das An- und Abfahren von Vespas, Apes und PKWs. Als ich etwas später entlanglaufe, sehe ich nur einzelne Menschen auf dem Weg.
Ich nehme Platz auf einer Panchina gigante in den Weinbergen von Castellinaldo d’Alba
Auch auf dem Weg durch die Weinberge erlebe ich nur die Weite der Natur. Irgendwo am Horizont zieht ein Traktor durch die Reihen. Aber begegnen tue ich niemand. Von der Panchina gigante, der Big Bench 157 sehe ich nicht nur auf mein Castello, sondern auch auf die dahinterliegenden majestätischen Spitzen der Alpen mit ihren Schneemützen. Zeit, im Sitzen die Seele baumeln zu lassen. Was für ein Stück Erde, auf dem ich gerade sein darf.
Mein Weg führt mich weiter durch die Weinlandschaft in mitten der sonnigen Herbstfarben am Rande von Castagnito und San Pietro zurück nach Castellinaldo d’Alba. Mittags dann wird es wieder in den Straßen etwas lebhafter. Eltern holen ihre Kinder von der Schule ab. Ich höre Stimmen und Arbeitsgeräusche von den Hallen der Weingüter, als ich hoch oben nach Castellinaldo d’Alba in die Straße oberhalb des Castellos einbiege und die letzten Meter in mein Apartment zurücklege.
Von der warmen November-Sonne am Nachmittag auf meiner Terrasse geküsst, schenke ich mir eine wunderschöne kulinarische Auszeit. Ich entkorke eine Flasche Roero Arneis und hole mein Mehl und mein Matarello heraus. Der leichte Weißwein mit seinen hellen Farbe schmeckt fruchtig und erfrischend. Im Novembersonnenlicht schimmert er dazu so schön im Glas.
Ich schenke mir selbst eine Genussauszeit mit Ausblick
Pasta zu machen, in der Küche zu stehen, zu kochen ist für mich Qualitytime und Urlaub. Das Gute an meinem Liebling ist, Du kannst Pasta überall machen. Zu Hause, im Van, auf Reisen – ohne teure Tools und mit dem Geschmack der Region. Denn Du kannst direkt vor Ort die guten Produkte einkaufen und mit beispielsweise einer Salatschüssel, einem Antipastibrett, einem Matarello und einem Messer herrliche kulinarische Höhenflüge erleben. So beschenke ich mich an vorletzten Tag mit einem genussvollen Traumtag.
Glücklicherweise kaufe ich immer bei meinem ersten Stop in einem Supermercato einen Beutel Mehl ein. Kurz vor der Weiterreise und bei nur vier Tagen Alba, Turin und dem genussvollen Piemont hatte ich nicht viel im Kühlschrank. Aber Du braucht keinen vollen Kühlschrank um wie eine Principessa in dieser Burg zu speisen und zu genießen.
Eine handvoll Tomaten, Olivenöl und Salz – mehr braucht es nicht
Ein paar frische, reife Tomaten, mildes Olivenöl, etwas vom regionalen Weißwein, Salz und frische Kräuter – ein Häubchen von cremigem Stracchino oben drauf und der Himmel küsst den Gaumen.
Dass ich damit noch die Slowfood-Bewegung ehre, die hier im Piemont, nur einen Steinwurf von mir in Bra ihre Zentrale hat, ist der Parmesan auf der Pasta. Die Vereinigung setzt sich für bewußten Genuss, regionale Produkte und Handwerk rund um Lebensmittel ein. Voller Genuss, Entspannung und Zeit und wenigen guten Zutaten also tue ich selbst mir etwas Gutes. Und Du kannst das auch – für Dich allein, im Urlaub oder mit Deiner Familie.
Meine handgeschnittenen Taglierini/Taglitalle aus goldgelben knackigen Hartweizen auf dieser Terrasse schmeckten majestätisch wie einst die Adelsfamilie hier an ihrem Herrschaftssitz. Das ist auch mein Tipp für Dich: Nutze das was da ist, arbeite mit Deinen Händen, mit wenigen aber guten, lokalen Zutaten und schaffe mit Hingabe guten Genuss. Mache Dir einen Vino auf, genieße die Zeit und das Leben.
Wenn Du etwas Übung hast, geht auch das Pasta machen recht schnell. Tagliatelle beispielsweise kannst Du auch total einfach ohne Tools und für größere Mengen herstellen.
Mein Rezept zum Glück: selbstgemachte Taglierini/Tagliatelle mit Pomodoro
Taglierini/Tagliatelle werden traditionell mit einem Mehl-Eier-Teig hergestellt. Ich hatte zwar Mehl, aber kein Ei. Also griff ich zur Packung sonnenverwöhnten Semola und knetete einen sonnig-gelben Pastateig aus knackigen Hartweizenmehl und Wasser. Es schmeckt weniger reichhaltig-intensiv als der Mehl-Eierteig, es hat eine etwas andere Konsistenz, aber in dieser Umgebung und handgemacht werden auch Tagliatelle aus Hartweizen zum Festessen. Versprochen.
Ich knete den Teig aus 100 g Semola, einer Prise Salz und ca. 50 ml Wasser zunächst in einer Porzellanschüssel und arbeite dann weiter auf einem kleinen Holzbrett. Mit dieser Traumkulisse und einem Schluck des piemontesischen Vino ist es Entspannung pur. Der Teig darf abgedeckt mit der Schüssel 30 Minuten ruhen. Während dessen setze ich mich mit dem Weinglas und genieße das Panorama. Die Sonne kitzelt meine Nasenspitze und taucht auch meinen Teig in ein herrliches Gelb.
Nach rund 30 Minuten rolle ich auf einem Holzbrett aus der Küche den Teig mit meinem Matarello aus, falte ihn und schneide mit meinem kleinen, aber scharfen Messer die schmalen Tagliatelle/ Taglierini von Hand. Wie die Sonnenstrahlen fallen sie auf das Brett. Diese Schmuckstücke werden genauso wunderbar schmecken. Die Vorfreude ist groß.
Noch ein Apero um die Vorfreude zu feiern
Ein bisschen lasse ich die Pasta-Sonnenstrahlen noch trocknen. Der Nachmittag ist inzwischen auch in den Abend übergegangen und bevor die Sonnen nun hinter den Hügel endgültig verschwindet, genieße ich noch meinen Apero und ein paar Köstlichkeiten wie etwa meine letzten saftigen Feigen.
Beschwingt zieht es mich dann bei der Dunkelheit in die Küche. Es ist keine klassische Küche, sondern es sind zwei Elektroplatten neben einer Spüle auf einem Kühlschrank. Für feinsten Genuss aber reicht es völlig.
Ich würfle eine große Hand voll frischer, reifer Tomaten und brate sie in einem milden Olivenöl an. Das leuchtende Rot lässt schon den intensiven Geschmack erahnen. Währenddessen setze ich bereits den Topf mit Wasser und Salz für die Pasta auf. Als die Tomaten saftig köcheln, gebe ich etwas Meersalz dazu und gieße einen großen Schluck meines fruchtigem Weißweins an. Ich habe noch zwei Zweige glatte Petersilie und gebe diese gehackt in die Pfanne dazu. Etwas Salz noch und probieren. Lecker.
Parallel habe ich bereits meinen Rest des Stracchino aus dem Kühlschrank geholt, so dass er so richtig schön cremig wird und habe ein Stück des Toma-Käses gerieben. Der Toma Piemontese DOP ist ein regionaler Käse, der nur in einem begrenzten Gebiet im Piemont hergestellt werden darf – von Kühen die auch in diesem Gebiet weiden.
Was für ein Genuss – Speisen wie einst der Adel
Die Pasta benötigt nur zwei, drei Minuten beim Kochen. Direkt aus dem Kochwasser gebe ich sie noch leicht Aldente mit etwas von dem Wasser in die Tomatenpfanne, schwenke alles gut durch und richte es auf dem Teller an. Den geriebenen Toma noch darüber geben, den Löffel des cremigen stracchino-Himmels daraufsetzen und fertig ist ein unwiderstehlich leckeres, fruchtig-knackig-einfaches Essen, selbstgemacht und mit einem Geschmack, der göttlich ist.
Mit einem Glas Vino sitze ich in meinem königlichen Castello und tafle wie einst die Adeligen. Wuaa, was für ein passender Abschluss für meine Traumtage im Piemont vor dieser kunstvollen Kulisse. Morgen fahre ich weiter an den hoffentlich sonnigen Gardasee entlang der legendären Steilküsten und Limonaie. (Wenn Du mich beim Pastamachen im Piemont in Action sehen magst, hier gehts zum Reel auf Instagram)
Auch wenn ich mir einen ganzen Nachmittag für diese Me-Time gegönnt habe und genau das auch so sein soll, so kannst Du diese Tagliatelle mit dem Sugo für z. B. zwei Personen auch viel schneller machen. Zirka 8 Minuten Kneten, bestenfalls 30 Minuten Teigruhe, notfalls kannst Du diese aber auch mal abkürzen, Teigausrollen und schneiden 10 Minuten und rund 6-7 Minuten fürs Kochen. Die Zutaten schneiden und reiben kannst Du während der Teigruhe. Sofern Du schneller knetest und auch beim Ruhen abkürzt büßt Du jedoch an Qualität ein. Manchmal aber, da muss es schnell gehen. Ich weiß…
Ich komme wieder – und wieder
Ich bin wieder und wieder überwältigt, wie gut dieser Teller geworden ist, so voller Geschmack. Ich vermisse das Piemont sehr und möchte am liebsten sofort ins Auto springen und losfahren. Castellinaldo d’Alba ist übrigens wunderbar gelegen, um beispielsweise Alba, Asti, Barolo oder auch Turin zu besuchen und gleichzeitig auch Ruhe und Natur zu genießen.
Ich habe ein Wiedersehen fest auf meiner Liste und wäre fast auf meiner Rückreise von der Toskana vor zwei Wochen kurz gestoppt. Da jedoch das Wetter aus dauerhaftem strömendem Regen bestand, habe ich meinen Besuch noch einmal verschoben – dann vielleicht auch mit mehr als einer Nacht Zwischenstopp.
Wie Du einen richtig guten Pastateig von Hand knetest, zeige ich Dir in meinen Pastaworkshops. Hunderte Gäste kneten und formen bereits begeistert – auch im Urlaub. Hier kannst Du Dich bei den kommenden Terminen umschauen.
Mehr Pasta von Hand gemacht aus der Küche des Piemont und ganz Italien kannst Du Dir auch mit meinem Pastabuch „Pasta con passione“ nach Hause holen. Hier gehts zu den Infos.
Erlebe gleich noch mehr Piemont
Mehr in die Cucina piemontesi und ganz besonders in die Welt der Trüffel kannst Du in meinem Beitrag zu meinem Besuch auf der Trüffelmesse in Alba nachlesen. Mit meinem Rezept aus Alba für die Tajarin al tartufo erlebst Du eine Offenbarung und holst Dir selbst Dein Stück Genussepos nach Hause.
Bist Du auf Instagram? Dann folge mir doch gern und hole Dir noch mehr Reisegeschichten, Tipps und Pastaglück auf meinem Kanal.