Im Herzen des Val di Orcia in der Toskana liegt Pienza. Dieses kleine Städtchen ist für alle, die schmale Gassen, kleine Läden und Panoramablicke in die absolute Bilderbuchlandschaft lieben. Sie ist nicht umsonst Weltkulturerbe. Pienza liegt zwischen den ebenfalls wunderschönen Montalcino und Montepulciano. In seinen mittelalterlichen Sträßchen steht Pienza darüber hinaus für Genuss von Wein und Käse. Kommt mit mir auf eine kleine Reise und vertrödelt genauso die Zeit, wie man sie in Pienza herrlich vertrödeln kann.
Pienza ist inzwischen in jedem Reiseführer zu finden. Wer wie ich jedoch nachmittags durch die Altstadt schlendert, kann die etwas ursprünglichere, ruhige Atmosphäre spüren. Es ist ein kleiner Ort mit einem wunderschönem Altstadtkern, einer sehr gut erhaltenen Stadtmauer und natürlich zahlreichen Kirchen. Er bietet dir einem Ausblick auf das Orciatal, der dir permanent den Atem raubt, an dem du dich aber auch gleichzeitig nicht satt sehen kannst. Viele rauschen nur durch oder verbinden zumindest Pienza auf dem Weg nach oder von Montepulciano. Auf Grund des kleinen Stadtkerns plant man vielleicht weniger Zeit ein. Auch ich bin mittags nach meinem Montepulcianobesuch angekommen. Schnell habe ich mich von dieser Stadt umgarnen lassen und bin länger als geplant geblieben.
Basisinformationen
Pienza wurde vor vielen Jahrhunderten von Papst Pius II geplant mit allem was dazu gehört, Palazzos, Kathedralen und kleinen Piazzen. Doch Reiseführerinfos zur Geschichte und Architektur gibt es wie Sand am Meer. Wenn du durch den Torbogen in die Altstadt hineinläufst kommst du automatisch an allen diesen Sehenswürdigkeiten vorbei. Alle sind sehr gut erhalten und einen Besuch wert, so viel sei verraten. Ich habe mich einfach nur treiben lassen und die altertümliche, urige Atmosphäre genossen. Apropos Genießen, wer sich hier auf den Genuss von Wein und Käse einlässt wird einen Tag in Pienza erleben zum Auftanken und Entspannen und sich irgendwann fragen, wo eigentlich die letzten zwei Stunden geblieben sind oder drei oder vier?
Ich lasse die Touristen links liegen
Als ich in Pienza ankomme lasse ich zunächst den Torbogen Porta al Murello, der mich auf den Hauptweg Corso Rossellino führt, erstmal links liegen – im wahrsten Sinne des Wortes. Ich schlendere auf der Piazza Dante Alighieri weiter auf dem Außenring der Stadtmauer zu einer kleinen Steinkirche. Der Weg ist sehr breit und für Fußgänger reserviert. Viele hundert Meter bin ich alleine und laufe entlang der Steinmauer. In den romantischen in der Steinmauer eingebauten Balkonen laden Steinbänke zum Verweilen ein. Man flaniert hier wie in einem der vorherigen Jahrhunderte entlang. Da Pienza auf einem Hügel erbaut ist, bietet sich auf dem gesamten Weg ein Panorama, welches in Worte nicht fassbar ist. Es öffnet sich die komplette Hügellandschaft des berühmten Val di Orcia mit seinen Weinbergen, Hügeln, Zypressenalleen, dazwischen kleine Steinhäuser, Landsitze oder landwirtschaftliche Gebäude. Die Farben wechseln je nach Tageszeit von sonnigem Gelb, satten Grün bis hin zu sanften Rottönen der tiefstehenden Sonne.
Wenn Du nicht gerade in der Hochsommerhitze unterwegs bist, ist eine dieser Steinbänke der perfekte Ort für eine Pause. Lasse den Blick und die Gedanken schweifen oder packe dein Lieblingsbuch aus. Während du Zeile um Zeile in deinem Buch voranschreitest, immer mal wieder unterbrochen vom Ausblick und deinen Tagträumen, könnte das Leben gerade eigentlich nicht besser sein.
Urige Altstadt und enge, romantische Gassen
Bereit für etwas mehr Menschen und damit die Altstadtgassen geht es zurück und durch den malerischen Torbogen auf die Flaniermeile mit den vielen kleinen Boutiquen, Enotheken und Käseläden. Ich biege in eine der engen Seitengassen ab und lasse mich auf dem Kopfsteinpflaster, vom Spiel mit Licht und Schatten in den engen Gassen und den vielen schönen und mit viel Liebe gestalteten Kleinigkeiten verschlucken. Mal sind die Türen farbig angemalt, mal bestaune ich die Blumenpracht, die links und rechts neben den Türen arrangiert sind oder mit dem Kopf im Nacken die kleinen Balkone bereichern. Auch hier fehlen natürlich die gespannten Wäscheleinen mit T-Shirts, Bettwäsche und Socken nicht, die filigranen Türklopfer und hier und da ein Stuhl oder eine Bank vor der Tür. Hier ist es still und vom Trubel auf dem Hauptweg nichts zu spüren.
Auf dem Hauptweg zurück stöbere ich durch die verschiedenen kleinen Läden, die inzwischen am späten Nachmittag geöffnet haben. Natürlich gibt es hier die typischen Souvenirläden, aber eben auch diese kleinen handwerklichen Läden, die Enotheken mit ihrem köstlichen Weinangebot und vor allem den Foodheaven in Pienza: Die Käseläden.
Pienza ist für seinen Schafskäse berühmt
Pienza ist berühmt für seinen Schafskäse. Ein besonderes Schmankerl dabei ist folgendes. Wer mir bereits folgt weiß um meine Liebe für Sardinien. Und niemand anderes als die Sarden haben sich vor vielen Jahrzehnten mit ihren Schafen hier angesiedelt. Heute ist der Pecorino Toscano – ein sehr aromatischer Schafskäse – das Aushängeschild von Pienza. Ein absolutes Muss ist es einen der kleinen Käseläden zu besuchen und sich durch die verschiedenen Käse zu probieren. Ein Genuss, bei dem ich beim Schreiben gerade wieder die Herzchen in die Augen bekomme und Lust auf ein Stück. Glücklicherweise bekomme ich diese Käsesorte bei meinen italienischen Feinkosthändler weniger als 2 km von meiner Wohnungstür entfernt, auch wenn es einfach nicht das Gleiche ist wie vor der Originalkulisse. Begleitet von einem guten Glas toskanischen Rotwein, ist es der Himmel auf Erden. Schaue nicht auf die Uhr, schlendere durch die Gassen, stöbere durch diese Genussgeschäfte, probiere dich durch. Die Zeit fließt so dahin, ohne dass du bemerkst.
Ich lasse mich von Pienza einfach verschlucken
Mein eigentlich geplanter 1,5 Stunden Stopp dehnt sich immer weiter aus, aber ich genieße jeden Moment und lasse mich von Pienza einfach verschlucken. Mir ist nach einem schönen Vino mit etwas Käse – am liebsten mit Ausblick. Die Weinbar auf einem Stück der Außenmauer mit perfekten Panoramablick beschallt leider ihre Gäste mit sehr, sehr lauter Elektromusik, für mich unpassend zu der Aussicht. Daher entscheide ich mich für einen schattigen Sitzplatz mit Blick auf die Flaniermeile innerhalb der Altstadt. Im Schatten sitzen, ein gutes Glas toskanischen Vino trinken und dabei Touristen und Einheimische beobachten ist auch eine wundervolle Möglichkeit in den Tag hineinzuleben. Das nenne ich mal Dolce far niente. Das süße Nichtstun.
Begegnungen, die die Seele bereichern
Mein Blick bleibt rechts von mir an einem alten Rolltor in der Mauer hängen, ohne Schild oder ähnliches. Es mutet für mich ein wenig nach verlassen an. Ein Hauch von einer vergangenen Zeit. Eine der Kirchturmuhren schlägt fünf als ein alter Mann, auf einen Stock gestützt, langsam einen Fuß vor den anderen schiebend über das Kopfsteinpflaster auf das Rolltor zugeht. Kurze Zeit später folgt ein junger Mann in einem flotten Schritt, öffnet schwungvoll das Tor, verankert die Gittertüren und der alte Mann tritt ein. Das Licht geht an und gibt so den Blick auf diverse Schmuckstücke frei. Während der junge Mann ebenso flotten Schrittes wieder um die nächste Ecke biegt und aus meinem Blick verschwindet, verstehe ich, es ist ein kleiner Juwelierladen.
Der ältere Mann schiebt sich mit seinem Gehstock wieder heraus und über das Kopfsteinpflaster. Eine ältere Frau mit einer Stoffeinkaufstasche in der Hand geht vorüber. Sie beiden halten ein kleines Schwätzchen, dann geht die Frau weiter. Der alte Mann nickt dem Ladenbesitzer gegenüber zu und ruft etwas, dreht sich um und schlurft zurück Richtung seines Geschäftes. Sein Blick streift dabei meinen. Ein sanftes Lächeln erscheint auf seinem Gesicht, als er mich mit einem fröhlichen „Buongiorno Bella“ grüßt. „Non è una bella giornata?“ – Ist das nicht ein schöner Tag? Ich grüße freundlich zurück und bestätige ihm das aus vollem Herzen. Das sind die kleinen, schönen Begegnungen, die Italien noch liebenswerter machen. Begegnungen, die du nur erlebst, wenn du nicht Sehenswürdigkeiten schnell abklappert und offen bist für solche Begegnungen, die deine Seele bereichern.
Bilderbuchlandschaft, die dir den Atem rauben, so weit das Auge reicht
Pienza wird dir dazu unendlich viele Motive für deine Kamera bieten, aber auch für aktive Urlauber ist Pienza großartig. Es gibt von hier oder als Endpunkt viele gut ausgeschilderter Spazierwege und auch längere Wanderungen, beispielsweise nach Montepulciano. Die Streckenlänge variieren, gemeinsam haben sie alle die Bilderbuchlandschaft und den perfekten Start- oder Endpunkt um nach dem Ausflug mit einem Gelato, Vino und leckerem Essen abzuschließen.
Hat dir unser Ausflug nach Pienza gefallen? Mein Tipp für eine Unterkunft in der südlichen Toskana findest du hier.
Du hast jetzt richtig Lust auf toskanische Küche? Mein fruchtiges Pici-Rezept findest du hier. Dir reicht ein kleines Dolci zum Cafe oder Wein? Zum den Cantuccini geht es hier entlang.
