Strandliege Portovenere

Italienurlaub 2020 – wie reist es sich aktuell im Corona-Sommer?

Wer saß als Erste im Auto, als wir am 15. Juni wieder reisen durften? Genau, ich. Ich war 3,5 Wochen auf Genusstour in Italien. Meine drei Stationen war die ligurische Küste rund um La Spezia und Cinque Terre, Bologna, DIE Stadt des italienischen Genusses und der Gardasee. Doch kann man bedenkenlos nach Italien aktuell reisen? Wie eingeschränkt ist der Urlaub? Dabei geht es mir weniger darum, selbst zu erkranken. Ich möchte allerdings nicht unbewußt zum „Verteiler“ werden. In einem Satz: als verantwortungsbewusster Individualreisender fernab des Pauschal- oder Massentourismus fühlte ich mich genauso sicher wie in Deutschland mit den gleichen Regelungen (ich habe übrigens noch nie auf Reisen so saubere Toiletten, ÖPNV und so viel Desinfektionsmittel gesehen). Meine ausführlichen Erfahrungen gebe ich gern an euch weiter.

Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht, ob eine Reise derzeit nach Italien sinnvoll ist. Ich habe die vergangenen Monate die Corona-Situation nicht nur in Deutschland sondern auch in Italien und der restlichen Welt intensiv verfolgt, auch was Infektionszahlen und Regionen betrifft und auch Kontakt mit dem ein oder anderen vor Ort gehalten. In Deutschland habe ich wochenlang penibel Abstand gehalten, mein Sozialleben weitestgehend runtergefahren, mich bei Kontakten auf Notwendigkeiten beschränkt und darüber hinaus sehr viel draußen allein unternommen. Auch im Urlaub hatte ich nun nicht vor mich in die Menschenmassen zu stürzen sondern mehr individuell in der Natur unterwegs zu sein und mich auf die Spuren von Pasta und Co. zu machen. Von daher stand für mich schnell fest, dass für mich das Risiko und auch das Verhalten nicht anders ist als in Deutschland und ich den Weg nach Italien gehen kann. Beim Corona-Ausbruch im Frühjahr weilte ich auch gerade in Italien, habe mich für eine schnelle Rückkehr vor der Grenzschließung entschieden und mich dann freiwillig in Quarantäne begeben, denn über allem steht für mich: Ich möchte soweit möglich nicht daran beteiligt sein das Virus zu verbreiten und ich möchte schon gar nicht eine Erkrankung eines anderen Menschens verschulden.

Unterkünfte und Anreise

In La Spezia und am Gardasee habe ich Ferienwohnungen gemietet, in Bologna war ich in einem Hotel. Alle drei Buchungen erfolgten mit kostenfreien Stornierungsmöglichkeiten bis zur Anreise, diese erfolgte wiederum mit dem Auto. Da derzeit keine stabilen Planungen möglich sind und man jederzeit damit rechnen muss, dass die Infektionszahlen steigen und entsprechend gegebenenfalls vorzeitig die Reise zurück nach Deutschland gehen muss, war mir diese Flexibilität wichtig. Bei Hin- und Rückreise wurde ich bei allen Grenzen jeweils durchgewunken. Ich bin über Baden-Württemberg und die Schweiz nach Italien gereist. Auf deutscher Seite habe ich bei beiden Touren die Erfahrung an den Raststätten gemacht, dass Tankstelle, Toilette und Cafebar geöffnet war, nicht jedoch die Restaurants. Für mich ist das kein Problem, da ich mich bis auf einen Cappuccino und vielleicht eine frische Brezel selbst versorge. In Italien waren alle Tankstellen und Raststätten so weit ich gesehen hatte geöffnet. Wobei in Italien ein Großteil der Tankstellen 24 Stunden Selfservice sind, was bedeutet man zahlt per Kreditkarte selbst am Automaten und tankt dann.

Bei den Ferienwohnungen herrschte beim Check-In jeweils Maskenpflicht und natürlich Abstand. In La Spezia hatte ich ein kleines Reihenendhaus, so dass ich hier völlig für mich allein war. Am Gardasee war ich in meinem bereits bekannten Apartment. Die Vermieterin wohnt selbst in dem Haus mit zusätzlich drei Ferienwohnungen. Am Eingang steht Desinfektionsmittel und auf der Treppe soll man sich nicht gleich zeitig aufhalten. Die Unterkünfte waren jeweils wirklich sehr gepflegt und sauber.

Überall gibt es am Desinfektionsmittel und die Übersicht über die Regeln

Erster Stopp: Ligurien / Situation allgemein

In Ligurien sind bis heute rund 10.000 Infizierte registriert worden, von denen 8.500 gesund sind. Von den insgesamt zwischen Februar und Juli Infizierten fallen auf die Region La Spezia 800. Die Zahl der Neuinfektionen ist verschwindend gering. Dennoch werden auch hier alle Hygienebestimmungen sehr weitreichend und streng umgesetzt. In Ligurien wie auch im Rest Italien gilt die Maskenpflicht drinnen, also im ÖPNV, in Geschäften, Museen und ähnlichem. Darüber hinaus besteht die Pflicht sich beim Betreten eines Geschäft die Hände zu desinfizieren. In jedem Zug, an jedem Eingang eines Supermarktes oder auch Bekleidungsgeschäftes, an jeder Toilette, in jedem Museum, Cafe, Gelateria, Restaurant usw stehen am Eingang dazu Spender und Papiertücher bereit. In der Gastronomie gilt die Maskenpflicht nur beim Bezahlen drinnen und beim Toilettengang. Da in der mediterranen Umgebung das Leben eher draußen stattfindet sind hier wenig Einschränkungen zu spüren. Üblicherweise bezahlt man drinnen am Tresen in Italien, aber auch hier kommen einige Gastronomen dem Gast inzwischen draußen entgegen.

Insbesondere in Supermärkten und auf Wochenmärkten ist bei Selbstbedienung das Tragen von Einweghandschuhen in ganz Italien Pflicht. Diese stehen vor Ort am Eingang und an den Ständen zur Verfügung. Teilweise wird am Eingang Fieber gemessen. Konkret ist mir dies in den größeren Supermärkten passiert, egal ob in La Spezia oder am Gardasee. Am Eingang von Museen und auf Schiffen wird überall Fieber gemessen. Auch wenn die Maske draußen nicht verpflichtend ist, so tragen Viele die Maske draußen, zumindest in den Städten freiwillig; auch im nicht so stark betroffenen Ligurien. Abstandsregeln gelten ähnlich wie in Deutschland. Sie variieren zwischen 1 und 2 Metern. Nicht alle Tourismuspunkte oder andere Angebote sind geöffnet bzw vorhanden. Dies betrifft beispielsweise auch Schiffsangebote wie Fähren. Diese fahren nicht oder nur eingeschränkt. Sofern etwas offen hat oder angeboten wird, gilt eine Personenbeschränkung, teilweise muss man sich online ein Ticket vorher kaufen. An den Stränden gilt ebenso die Abstandregelung. Bei Strandliegen ist dies schon berücksichtigt, an öffentlichen Stränden muss du selbst mit deinem Handtuch für die Einhaltung sorgen. In Ligurien habe ich Mitte Juni keine Verstöße beachtet. Selbst an einem Sonntag in Portovenere bei perfekten Sommerwetter war noch zwischen den Handtüchern etwas Platz. In allen bereisten Regionen habe ich starke Polizeipräsenz wahrgenommen, die an Stränden und in der Gastronomie die Maskenpflicht und Abstandsregelungen kontrollierten. Bei einem meiner Ausflüge per Zug zu den Cinque Terre bin ich in einen frisch desinfizierten Zug eingestiegen. Ich habe eigentlich nur einmal eine negative Erfahrung gemacht: Im Bus von La Spezia nach Lerici. Dieser war recht voll. Auch wenn jeder zweite Sitzplatz gesperrt ist, stehen die Menschen zwangsweise eng nebeneinander. Das empfand ich nicht so angenehm, auch wenn alle eine Maske tragen und war echt genervt. Aber auch dies kann mir in Darmstadt oder Frankfurt im Bus passieren. Selbst auf den Wochenmärkten werden die Hygieneregeln und Abstände gewährleistet.

Abstandhalten auf dem Markt in La Spezia

Zweiter Stopp: Bologna

In Bologna gelten die gleichen Regelungen mit Maske indoor, Abstand, Desinfektion und Fieberthermometer. Wie in jeder Großstadt ist es auf Grund der Menschenmenge etwas schwierig den Abstand immer einzuhalten. Dies betrifft beispielsweise die Shoppingmeile oder die enge Marktgasse. Aber auch hier wird – vermutlich aus dieser Tatsache heraus – die Maske meist auch draußen getragen. Insgesamt erlebe ich ähnlich wie in Ligurien ein respektvolles, freundliches Verhalten im Umgang mit Abstand, Maske und Desinfektion. Die Region Emilia-Romagna hat es am dritt stärksten in Italien getroffen, die Neuinfektionen sind jedoch aktuell verschwindend gering. Das Hotel war nur mäßig gebucht, so dass es kaum Kontakt auf den Fluren gab. Im Hotel herrschte Maskenpflicht nur am Frühstücksbuffett. Das Frühstück fand bei bestem Wetter draußen auf der Terrasse mit viel Abstand zwischen den Tischen statt.

Auch am Gardasee hat jeder seinen eigenen Bereich am Strand.

Dritter Stopp: Gardasee

Der Gardasee teilt sich in verschiedenen Regionen auf. Ich war auf der Westseite, die zur Lombardei gehört. Die Lombardei ist mit insgesamt 95.000 Infizierten und mehr als 16.000 Todesfällen die am stärksten betroffene Region Italiens. Aktuell verzeichnet die gesamte Region täglich rund 100 – 200 Neuinfektionen. Besonders betroffen sind hier die Städte Mailand, Bergamo oder auch Brescia. Wir allen haben sicherlich noch die grausamen Bilder vor Augen. Dies ist auch der Grund warum in der gesamten Lombardei bis mindestens Mitte Juli auch draußen die Maskenpflicht besteht. Im ersten Moment hielt sich meine Begeisterung darüber in Grenzen. Ich respektiere und unterstütze jede Maßnahme, kann aber die Maske einfach nicht leiden. Das geht bestimmt Vielen so. Aber letztendlich war es dann gar nicht so problematisch. Sofern man nicht in einem Innenstadtkern unterwegs ist sondern etwas außerhalb und allein kann man diese auch gut herunterziehen. Aber selbst Sportler ziehen im Vorbeilaufen ihre Maske sofort hoch, sobald sie einen anderen Passanten sehen. An den Stränden wird der Abstand eingehalten. Ich habe zwei Ausnahmen erlebt, beides waren sogenannten „in-Strände“, die mit Jugendlichen und jungen Menschen mit entsprechender Musikbeschallung frequentiert wurden und eher Partystimmung herrschte. Das gleiche Bild erlebte ich Anfang Juni am Rhein bei Biebesheim. Da sitzen wir einfach alle im gleichen Boot. Dies war jedoch wirklich die Ausnahme. Wirklich alle anderen Strände haben die Abstandsregelungen problemlos eingehalten. Am Gardasee wurde mir auch nahezu täglich irgendwo Fieber gemessen, sei es am Eingang in eine Eisdiele oder ein Cafe, vor dem Betreten einer Fähre, eines Supermarktes oder ähnliches. Insgesamt merkt man den Menschen der Region an, wie tief der Schock sitzt, aber alle Maßnahmen sind ganz deutlich bereits als Routine erkennbar. Der Schiffsverkehr und die Fährverbindungen auf dem Gardasee sind eingeschränkt. Die Wochenmärkte finden jedoch alle statt. Teilweise wird empfohlen bei Museen oder in Botanischen Gärten etc vorab sich Tickets online zu kaufen, da der Einlass pro Stunde reduziert ist. Ich selbst habe dies nicht gemacht und auf Grund der immer noch sehr niedrigen Tourismuszahlen keine Probleme mit dem Einlass gehabt. Da die Tourismuszahlen stetig steigen, kann dies in wenigen Wochen allerdings anders aussehen. Auch hatte bei meiner Reise noch nicht alles auf. Reservierungspflicht bei Strandabschnitten habe ich zwar vielfach gehört, aber zu keinem Zeitpunkt selbst erlebt. Ich möchte hier jedoch noch einmal bekräftigen, dass ich fernab der Touristen und ihrer Ausflugsziele unterwegs war.

Was fehlenden Abstand betrifft habe ich daher auch nur dann Erfahrungen gemacht, wenn ich von diesem Credo einmal abgewichen bin. So wird nach meinem Empfinden die Gondel von Malcesine auf den Monte Baldo trotz Reduzierung der Personenzahl noch zu voll gemacht. Hier empfehle ich übrigens tatsächlich sich vorab online sein Ticket zu buchen. So hat man auf jeden Fall seinen Zeitslot für die Fahrt, spart 1 Euro und das Anstehen beim Eingang. Die Fahrt zur Isola del Garda, die leider ausschließlich durch eine gebuchte Tour im Rahmen einer Führung besucht werden darf, fand zum einen auf dem Boot mit reduzierter Passagierzahl statt und jeder zweite Platz war nicht belegt. Es war zwar mit dem Abstand auf der Hinfahrt knapp, aber noch möglich. Auf der Insel selbst findet zum Anderen der Großteil der Führung draußen statt und in kleineren Gruppen, Abstandprobleme hatte ich hier nicht. Bei der Fährüberfahrt von Toscolano-Maderno und Torri del Benaco steht auf der Website zwar, dass Autofahrer im Fahrzeug sitzen bleiben müssen. In Anbetracht von insgesamt vier Fahrzeugen, die in den vier Ecken des Decks geparkt wurden, war Aussteigen und sich neben dem Auto den Fahrtwind durch die Haare wehen zu lassen, kein Problem.

Entspann mal nicht Handtuch an Handtuch am Strand liegen – das geht im Coronasommer 2020

Mein Fazit: Wenig Einschränkungen für Individualreisende und ein herzliches Willkommen überall

Darüber hinaus bestand mein Programm auf dieser Reise insgesamt aus Baden, Wassersport, Wandern, kulinarischen Angeboten in den italienischen Küchen, Weinprobe und ähnlichen, bei denen die Hygieneregelungen kein Problem darstellten und ich auch jeweils mit nur wenigen Menschen gleichzeitig im direkten Kontakt war.

Da sich die Situation ähnlich wie in Deutschland ständig ändert und auch von Region zu Region verschieden ist, rate ich allen Reisenden sich aktuell jeweils zu informieren, wie Öffnungszeiten, Fährverbindungen, Ticket- und Einlassregelungen sind. Bei Reisen von Freunden bzw Menschen aus nichtgemeinschaftlichen Haushalten bitte unbedingt über die Autofahrregelungen aktuell informieren, denn im Moment begrenzt Italien die Anzahl der Mitfahrer im Auto. Die Mautstationen laufen via Kreditkarte oder Bargeldautomat. Besetzt mit Personen war bei meiner Reise keines der Häusschen.

Mein Fazit: Wer kein Pauschal- und Massenurlauber ist und sich verantwortungsbewußt verhält hat keine größeren Einschränkungen. Es sind zwar auch in Italien nicht alle Dinge möglich, aber genug um eine wundervolle, traumhafte und erholsame Zeit zu erleben. Auch wenn hier sicherlich auch niemand gern die Maske trägt, habe ich als deutscher Gast die Situation etwas respektvoller als in Deutschland wahrgenommen und schnell ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn ich in der Lombardei im einsamen Hinterland mit großem Abstand auf eine Walkerin traf und ich zu Beginn meine Maske dann nicht angezogen habe. Ich bin jedoch Gast in diesem Land und habe daher schnell die von mir verhasste Kinnwärmer-Variante angewendet im Außenbereich bei einsamen Spaziergängen und Wanderungen. Ich hatte mich mit Desinfektionsmitteln, Einweg-Toiletten-Sitzen und Sagrotanfeuchtüchern eingedeckt und habe diese nicht benötigt. Wirklich überall stehen die Spender zur Verfügung. Je nach dem, was du unternimmst, musst du dir 3 x hintereinander die Hände desinfizieren, aber ich habe auch wirklich noch nie so saubere Toilettenanlagen gesehen, auch die öffentlichen Toiletten waren nie ein Problem. Da habe ich vor Corona ganz andere Erfahrungen gemacht. Dafür erlebst du viele Dinge und Orte mit viel Ruhe und ohne viele Menschen, genießt Platz und wirklich alle haben sich über die unerschrockene Deutsche gefreut. Gerade in der ersten Woche in Ligurien und auch in Bologna habe ich als deutsche Touristin häufig für Überraschung gesorgt, weil ich gefühlt die Einzige war. Wer jedoch eher das „reguläre Touristikprogramm“ absolvieren möchte, sollte doch eher noch etwas warten um einerseits den Urlaub genießen zu können und um andereseits die Verbreitung nicht wieder anzufachen. Abschließen möchte ich den Beitrag damit, dass es nicht nur um Urlaub oder das eigene Infektionsrisiko geht sondern viel mehr darum, andere zu schützen und das Virus nicht weiterzuverbreiten.

3 Kommentare

  1. Oh wow, das klingt nach einer ganz besonderen Genuss-Reise!!!! Cool, dass du die Reise trotz dem ganzen Chaos angetreten bist! Freu mich total deinen Blog entdeckt zu haben! Die Liebe zu Italien und der Cucina italiana vereint uns schon mal! Saluti aus Rom – Julia

    • Das war es wirklich. Hach Rom – ich bin da leider immer noch in voller Vorfreude. Ich hatte Ende August/Anfang September Rom gebucht und wollte mich durch Rom schlemmen und kochen, musste diese Reise aber dann noch mal canceln, da just in diesem Moment die Einreise von Sardinien nach Rom ein Corona-Problem mit Testung war und ich eben gerade auf Sardinien war. Aber: Sobald es ohne größeres Quarantänerisiko möglich ist, hole ich das nach 🙂

      • Ach mist, das ich ja schade. Aber immerhin bleibt dir so die Vorfreude noch etwas erhalten. Kochen ist ja sowas wie die Schwester vom Reisen, deswegen werde ich diesen Winter einfach ganz viele Rezepte ausprobieren und mich so nach Italien katapultieren, das hilft bestimmt die Wartezeit zu überbrücken. Werd mich hier deswegen gleich noch nach etwas Inspiration umschauen! 😉 Saluti, Julia

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