Die dicken Regenwolken hängen tief über den Hügeln der toskanischen Bilderbuchlandschaft, nur vereinzelt schauen noch die Kronen der Schirm-Pinien und -Kiefern raus. Selbst das Meer schmiegt sich an diesem grauen, verregneten Herbstvormittag nahezu farblos in den Horizont. Genau an diesem Tag lasse ich mich vom kleinen Camaiore und ihren Bewohnern in den Hügeln des Apennins verzaubern.
Nur wenige Autominuten von der toskanischen Küste entfernt parke ich auf dem öffentlichen Parkplatz Nahe der Piazza XXIX Maggio im kleinen Ort Camaiore. An diesem Oktobertag liegt der Platz etwas verweist da. Aber die Magie des Ortes wirkt sofort. Im Sommer sollen hier Konzerte und andere Veranstaltungen stattfinden.
Ich kann es mir hier richtig lebhaft vorstellen, wenn die Geschäfte alle geöffnet sind und Tische und Stühle auf dem Platz stehen. Dann sitzen hier bestimmt zahlreiche Menschen bei Gelato, Caffe und Vino mit dem Blick über den Palazzo am Ende des Platzes und den dahinter aufragenden Hügelvorläufer des Apennins hinauf, umgeben von sattem Grün.
Ein kleiner Ort in den Hügeln in der Provinz Lucca im Norden der Toskana
Camaiore liegt in der Provinz Lucca und hat gute 31.000 Einwohner. Im Mittelalter erbaut, strahlt Camaiore den Charme einer kleinen, gemütlichen Gemeinde aus, die sich in die sanften Hügel und dahinterliegenden Berge eines Toskanatraums ergießt. Einige Autominuten entfernt gehört mit dem eleganten Strandbad Lido di Camaiore sogar ganz offiziell ein Ortsteil zum Meer. Hier oben im Ortskern am Rande der Pilgerroute der Francigena und vielen Wanderwegen geht es dagegen ziemlich unaufgeregt und eher beschaulich zu.
Von der Piazza XXIX Maggio biege ich in eine der schmalen Einkaufsgassen ab, die Via Vittorio Emanuele. Links und rechts säumen kleine, liebevoll gestaltete Läden die Fassaden. Mein Herz hüpft direkt als mein Blick auf den zauberhaften Eingang eines Ladens mit Düften und Wohnzubehör fällt. Es ist schön gemütlich dekoriert.
Sofort habe ich das Gefühl in mir, mich in meinen weichen Wollpulli zu kuscheln, das Rotweinglas in der einen Hand, eine Duftkerze sorgt für Gemütlichkeit, während ich wahlweise die Füße auf die Couch ziehe mit einem meiner Lieblingskochbücher in der Hand oder selbst in meiner Küche stehe und die Hände tief ins Mehl grabe.
Pecorino Toscano DOP, Schinkenhimmel und feinste Porcini – ein Ort für Genussmenschen
Oder mit einem reifen Stück Pecorino Toscano DOP zum Vino, denke ich mir, als ich mich umdrehe und direkt in das große Schaufenster der Macelleria blicke. Ich sehe phantastischen, rosafarbene Schinken von der Decke hängen und werde beim Gedanken an so eine zart runtergeschnittene, würzige Scheibe hungrig. Im geschwungenen Schaufenster lachen mich die aromatischen Käselaibe an, während ich das bunte Treiben vor und hinter der Theke beobachte. Was die Menschen wohl mit ihren Einkäufen zu Hause Leckeres zaubere?
In meinem Kopf überschlagen sich die diversen Rezepte und Pastaideen, als mein Blick in die Auslage des nahen Obst- und Gemüseladens fällt. Oh mio dio, was sind diese Porcini bitte für Prachtexemplare. Ich habe den erdigen Duft und herbstlichen Geschmack geradezu auf der Zunge. Ein schneller Schnappschuss mit dem Handy und schon moppst sich eine Kundin die Könige weg.
Ein Ort für einen gemütlichen Stadtbummel
Camaiore ist ein wundervoller, kleiner Ort zum Bummeln und in Geschäften stöbern. Es bleibt natürlich bei mir auch nicht beim Schaufenstergucken. Ich stöbere durch die kleinen Läden für Düfte, für Kleidung und Schuhe, Bücher und mehr, probiere hier mal was an, rieche – und ja, nehme natürlich auch was mit.
Als ich durch das mittelalterliche Porta San Pietro schreite, entdecke ich weiter um die nächste Biegung so einen richtig urigen, voll-gestellten Haushalts – und Schlosserladen. Zack mal reingestöbert, aber leider werde ich in Sachen Pastatools nicht fündig.
Auch Kulturfreunde werden in Camaiore fündig
Neben all diesem Flair, den alten Kirchen und der großartigen Wanderumgebung bietet Camaiore mit dem Archäologisches Museum im Palazzo Tori Massoni und dem Museo d’Arte sacra, dem Kunstmuseum, auch für Kulturbegeisterte was.
Erlebe mit mir das Leben – herrlich unaufgeregt und entspannt – auch wenn es regnet
Was man an so einem regnerischem Herbstvormittag auch herrlich machen kann ist, sich mit einem Caffe an einen der kleinen Außentische direkt in der Gasse setzen und dem Leben in Camaiore zusehen. Genau das mache ich und erlebe Ruhe, Erholung, Frieden und einen kleinen Einblick in das Leben fernab vom Sommertouristenmassen, die in den Strandbädern ihren Urlaub verbringen.
Vor dem Café Centrale beispielsweise sitzen drei ältere Herren mit ihrem Caffè an einem Tisch. Sie unterhalten sich lebhaft, grüßen vorbeigehende Nachbarn, Freunde und Bekannte, während hinter dem Tresen der Wirt mit der Profi-Siebträgerkaffeemaschine arbeitet und immer mal hinaus ruft und grüßt. Come staaaaaiiiii?
Ich sehe den zwei älteren Damen zu, die etwas weiter die Gasse runter am späten Vormittag in eines der Cafés einbiegen um ein süßes Stückchen mit einem Glas Vino bianco zu genießen. Ihren Einkaufstrolley parken sie an der Seite, während die beiden den neuesten Klatsch und Tratsch austauschen – oder auch was sie heute kochen werden. Ein Viertelstündchen später ziehen sie weiter, grüßen die Besitzerin des Modeladens, die in der Tür steht und wechseln mit ihr noch ein paar Worte. Wer weiß, vielleicht rollen sie zum Pranzo ja ein paar Pici.
Während ich der alten Dame so hinterherschaue, biegt eine Schweizer 3er Gruppe im Wanderoutfit und mit Wanderstöcken in den Händen um die Ecke und verschwindet im Laden um sich ein Panini zu holen. Ich könnte ewig hier sitzen und einfach nur dem Leben zusehen.
Ich liebe diese Ruhe
Über allem liegt das Flair von Unaufgeregtheit, von Ruhe und einer Zeit, die ein kleines bisschen langsamer vergeht. Die Besorgungen zu machen ist auch gleichzeitig die Gelegenheit für Geselligkeit mit anderen, bevor es wieder nach Hause geht und ich bei meinem weiteren Spaziergang durch verlassene, ruhige Seitenwege das Klappern von Töpfen und Stimmen hinter den Fenstern der Häuser höre.
Und so verzaubert mich trotz des fehlenden Bilderbuchwetters dieser kleine charmante Ort und lässt mich für zwei oder drei Stunden die Welt um mich herum vergessen. Unten am Meer am Lido werden parallel vermutlich ebenso seelenruhig die Angler am Steg stehen, den ganzen Tag einfach warten, sich unterhalten und abends dennoch zufrieden mit ihrem Fang nach Hause gehen.
Die toskanische Küche
Passend zum charmanten Camaiore ist auch die toskanisch Küche unaufgeregt einfach und dabei so intensiv im Geschmack, dass Wort „zufrieden“ nicht treffender sein könnte. Bereit selbst loszulegen? Dann gehts hier entlang zum neusten Rezept.
Etwas tiefer tauchst Du in meinem Pastabuch “Pasta con passione” in die toskanische Pastaküche – und die Küche Italiens ein oder erlebe einen Tag wie in einem Olivengarten in den Hügeln der Toskana, den Duft von frischem Rosmarin in der Nase, bei meinen Pastaworkshops. Sehe ich Dich bald?
Mich zieht es an diesem Tag weiter nach Viareggio. Diesen mondäne Strandbadeort aus längst vergessenen Zeiten mit seinen in die Jahre gekommen Jugendstilbauten habe ich bereits vor einigen Jahren besucht, im Sommer und mir eine Liege in einem der Bagni gegönnt. Heute schaue ich mal, wie sich oder ob sich der Ort wieder verändert hat und schnuppere einmal in die toskanische Meeresküche.
Bist Du auf Instagram? Dann folge mir doch gern für noch mehr Pastaträume – authentisch – unverfälscht – lecker.