Der Duft voller spritziger Zitrone, die Augen verwöhnt mit intensivem Gelb und Orange, ein Besuch eines der markanten Zitronengärten am Gardasee ist ein Erlebnis für alle Sinne. Ein besonderes Juwel ist dabei die Limonaia Pra dela Fam. Sie ist mit acht Terrassen spektakulär in den Steilfelsen im Nord-Westen des Gardasees nördlich von Limone gebaut. Ich durfte mir bei einer exklusiven Führung das ausgefeilte Konstrukt im Winterquartier ansehen. Un’esperienza di pura magia – ein Erlebnis purer Magie.
Pra dela Fam prägt die Ufersilhouette unterhalb von Tignale wie wenig sonst. Direkt an der Gardesana Occidentale erhebt sich dieses beeindruckende Gebäude, in dem sich das Ecomuseum mit seinen vielen Zitrusfrüchten befindet. Jeder, der an der Ostseite zwischen Garda und Limone über die kurvige Landstraße fährt, ist bereits daran vorbeigekommen. Direkt hinter der Limonaia erheben sich die Steilfelsen majestätisch in den Himmel. Für das mediterrane Flair sorgen mehrere Zypressen, die auf den kleinen Plateaus dazwischen den weitaufziehenden Gardasee überblicken. Segelboote und Surfer drehen ihre Runden.
Pra del Fam bewirtschaftet einst acht spektakulär in den Felsen gehauene Terrassen
Es ist ein sonniger Tag im März, als ich durch das Holztor hinein in ein phantastische Zitronenparadies schreite – und staune einfach. Was für ein beeindruckender Anblick. Bevor ich mehr über die spannende Arbeit im Zitronenanbau lerne, habe ich noch etwas Zeit und ich schlendere durch die Gänge und Pflanzenstauden, die auf drei Terrassen wachsen. Schilder sind an den Holstreben, die die Pflanzen unterstützen, befestigt und geben Auskunft über die Früchte.
Mit diesen drei Ebenen fing der Zitronenanbau von Pra dela Fam auch 1750 an, erweiterte sich in den folgenden Jahren hinauf auf acht Terrassen. Von den fünf später errichteten Etagen sind jedoch heute nur noch die Streben zu sehen. Für den Museumsbetrieb wurden die ersten drei Terrassen liebevoll wieder aufbereitet. Seit 2011 ist die Geschichte des Zitronenanbaus am Gardasee für die Menschen hier wieder erlebbar.
Im Museum zeigen verschiedene Schautafeln, wie einst der Zitronenhandel am Westufer florierte. Tatsächlich kamen die ersten Zitronen vom Gardasee nach Deutschland und nicht wie viele sicherlich annehmen aus Sizilien. Die Westseite bot die perfekten Bedingungen für den Anbau in Verbindung mit den findigen italienischen Konstrukteuren. Um das mediterrane Klima und die Wärme der Sonne aufzufangen legten die Arbeiter einfach die Zitronengärten auf mehreren Ebenen direkt an den Felsen an. Die Felsen speicherten die Wärme im Rücken der Früchte und boten Schutz vor dem Wind während von vorne die Sonne den Geschmack in das Obst tankte.
Ein besoneres Erlebnis ist das Winterquartier in der Limonaia
Der Knaller aber ist die Konstruktion für den Winter, die nach so unglaublich vielen Jahren noch heute in Betrieb ist. Zwischen die Streben wurden schwere Bretter und nach vorne Richtung Sonnen große Glasfenster eingesetzt. Während die Buntglasfenster die Sonne einfangen, sperrten die geschlossenen Holzschnitte die Kälte aus.
Diese Ingenieurskunst war der Grundstein für eine bedeutende Zitronenindustrie am Gardasee. Das ganze Westufer säumten die auffallenden Gebäude und es leuchtete überall gelb, orange und rosa. Was muss das für ein Anblick allein vom gegenüberliegenden Ufer gewesen sein. Wenn Du heute die Gardesana durch die engen Tunnel und Kurven fährst, säumen zahlreiche alte Gerüste in den Felsen das Bild. Die meisten sind wirklich nur noch Streben und Ruinen. Ein paar wenige zwischen Limone und Gardone Riviera wurden oder werden nach und nach aufbereitet und bewirtschaftet.
Auch heute ist im Zitronenanbau alles noch pure Handarbeit. Ebenso wie die ausgefeilte Winterüberdachung.. Es braucht eine Woche und zehn Arbeiter um jeweils im Oktober die Limonaia Pra del Fam heute für den Winter bereit zu machen. In jede der Streben werden die fünf bis sieben Meter langen schweren Glasscheiben und Türen aus verschiedenen Hölzern eingesetzt. Wahnsinn.
Bei meinem Besuch bin ich komplett fasziniert und verbringe die meiste Zeit staunend mit dem Kopf im Nacken. Man kann die verschiedenen Holzmasserungen sehen und wie sich das Licht in den Glasscheiben bricht. Ich erkenne auf manchen von ihnen Markierungen und lerne, dass jedes Teil seinen eigenen Platz in diesem Konstrukt hat. Wenn im April die Limonaia für den Sommer wieder geöffnet wird, werden die einzelnen Bestandteile fein säuberlich nach den Nummern sortiert und in einem nahem Lager bis zum nächsten Spätherbst verwahrt.
Als riesiger Zitronenfan habe ich bereits verschiedenen Zitronengärten besucht, aber an diesem Tag erlebe ich zum ersten Mal eine Limonaia im Winter. Uno spettacolo.
Der Zitronenflüsterer: Die Bewirtschaftung con passione
Im Rahmen der Führung dürfen wir Gäste einen der Zitronenbauer begleiten. Ich spüre seine Leidenschaft, als er uns von seiner Arbeit erzählt. Täglich steigt in die Zitronenpflanzen und achtet darauf, was sie brauchen. Da die Pflanzen mehrere Meter in Höhe wachsen legt er einen Stab mit Sprossen an das Gerüst und steigt hinauf. An der Hüfte hat er sein Werkzeug uns einen Korb befestigt. Er zeigt uns, woran er erkennt, welche Zweige für den Wuchs geschnitten werden müssen und wie er sie schneidet. Reife Zitronen werden geerntet und die Pflanzen auf etwaige Krankheiten oder Mangel untersucht. So arbeitet er sich durch die verschiedenen Pflanzen durch. Die Versorgung der Zitronenbäume ist pure Handarbeit und besteht aus unfassbar vielen Arbeitsschritten.
Die Bewässerung ist natürlich ebenso ausgeklügelt. Links und rechts von der Limonaia fließe Flüsse von Tignale hinunter in den Gardasee. Von hier wird das Wasser gespeist und in die Wasserversorgung des Zitronengartens geleitet.
Ich hänge praktisch an den Lippen und an den Händen. Die Führung ist auf Italienisch und so setze ich mir die spannenden Einblicke aus den Worten, die ich verstehen kann und aus den Handgriffen, die ich gezeigt bekomme zusammen. Mein kleines Gärtnerherz strahlt an diesem Tag.
Die Limonaia produziert auch
Pra del Fam ist nicht nur ein Museum, in dieser Limonaia wird tatsächlich auch produziert. Öle, Marmeladen, Honig und natürlich der berühmte Limoncello können im integrierten Museumsshop verköstigt und gekauft werden. Allein das Zitronenöl ist in meiner Küche pures Gold, sag ich dir. Ich verwende es zum Marinieren von Fisch und für Antipasti und Salate. Aber auch der Honig und die Marmelade haben mich verzückt. Angebaut werden Zitronen, Orangen, Grapefruits und Mandarinen und daraus dann entsprechend produziert.
Buddhas Hand am Gardasee
Eine kuriose Zitrusfrucht habe ich bei meinem Besuch ebenfalls entdeckt. Kennst Du Buddha`s Hand? Sie ist besonders und unverwechselbar und selten – und wächst tatsächlich hier in der in der beeindruckenden Limonaia Pra de la Fam. Diese Zitrusfrucht besteht fast nur aus Schale und hat wenig Fruchtfleisch. Sie soll intensiv und aromareich sein. Durch den intensiven Duft eignet sie sich beispielswiese in Duftsäckchen und als Parfüm, tatsächlich ist diese exklusive Frucht ein Juwel in der Küche. Als edler Limoncello, Liköre und Sirup, aber auch als Verfeinerung von Fisch oder Geflügel. Der Name leitet sich von der besonderen Form ab.
Gut zu wissen
Plane unbedingt einen Besuch dieser Limonaia ein. Wenn Du die Gelegenheit zum hineinzuschauen im Winter hast, unbedingt! Im Winterhalbjahr (bis 31. März) ist das Museum nur an ausgewählten Tagen zu besichtigen. Im Sommer täglich.
Informationen zum Museum und den Öffnungszeiten findest Du hier:
https://www.ecomuseopradelafam.com/
Mehr zu den Zitronengärten am Gardasee findest Du in meinem Beitrag über die Limonaia in Limone. Deinen Hunger kannst Du mit dem Rezept für Taglierini al Limone stille, klick dich hier rein. Auch in meinem Pastabuch “Pasta con passione” habe ich dem Gardasee ein kleines Kapitel gewidmet.
Entdecke traditionelle Pastarezepte, Foodstories und meine Lieblingsplätze am Gardasee in “Pasta tradizionale del Lago di Garda” oder entfache Dein Feuer in meinen Pastaworkshops und lerne alles über Pastateige, Formen, Geschmack und ganz viel Bella Italia.