Trofie ist die regionale Pasta aus Ligurien. Die länglichen, gedrehten Nudeln sind von Genua entlang des Golfo Paradiso und Golfo di Poeti erste Wahl – natürlich zusammen mit dem legendären Pesto aus Genua. Diese Pastasorte hat eine sehr lange Tradition der von Hand gemachten Herstellung. Heute ist der Teig vor allem aus Weizen, aber alte Rezepte verwenden Kastanienmehl. So beginnt auch dieses Ligurienabenteuer mit Trofie di castagne. Zusammen mit dem gefeierte Star am grünen Sugohimmel geht unsere kulinarische Reise in eine der traumhaftesten Küstenregionen Norditaliens.
Bisher habe ich Trofie tatsächlich nur in Ligurien gegessen oder als frische Pasta auf der Rückreise nach Deutschland für zu Hause gekauft. Vielleicht hast du bereits schon einmal in einem Video oder einer Fernsehsendung eine italienische Nonna oder Köchin beim Trofie von Hand machen gesehen. Sie „schubst“ lässig mit einer Hand aus einem haselnussgroßen Teigstück in einer schnellen Bewegung eine gedrehte Form, sozusagen mit der Handkante. Ich könnte da stundenlang zu sehen.
Trofie sind nach ihrer Handbewegung für die Form benannt.
Tatsächlich wurde über Jahrzehnte Trofie nur von Hand gemacht. Die Bezeichnung Trofie geht übrigens auf das Wort strofissià zurück, was ein Dialekt ist und die typische Handbewegung beschreibt. Diese schwungvolle Form ist keine Anfängerform, da es auf die richtige Teigkonsistenz ankommt und die Handbewegungen etwas Übung braucht. Aber keine Sorge, mein Rezept orientiert sich an einem alten Brauch und ist einfach.
Auf der Suche nach dem “richtigen” Teig
Am Anfang meiner Rezepte steht immer die Recherche nach dem richtigen Teig. „Richtig“ bedeutet das möglichst traditionellste Rezept zu finden. Aber wie so oft in Italien gibt es nicht DEN Trofieteig.
Die überwiegenden Rezepte verwenden heute einen Semola-Wasserteig. Das ist naheliegend, denn für das Rollen und Formen mit der Handkante braucht es einen etwas raueren Teig. Den bietet der italienische Hartweizen. In einigen Rezepten von erfahrenen Nonnas finde ich dazu auch Varianten mit Weichweizen: Farina Typ 00 und Typ 0, jeweils mit Wasser. Spätestens da war guter Rat teuer.
Am Anfang stand das Kastanienmehl
Ich grub also tiefer und entdeckte ein altes Rezept mit Kastanienmehl. Tatsächlich findet das Kastanienmehl in der ursprünglichen norditalienischen Küche häufiger Verwendung. Das Mehl davon war günstiger und gleichzeitig nahrhafter und sättingender als Weizenmehl. Der Geschmack ist leicht nussig-süß.
Die ligurische Küste: Norditaliens Traum
Während meiner Recherche habe ich mich in meinem farbenfrohen schmalen Häuschen an der Steilküste entlang der Cinque Terre gesehen, mit Blick auf das raue Meer. Mein altes Holzbrett mit seinen vielen Spuren vom jahrelangen Gebrauch für unzählige Pastateige liegt auf der Arbeitsplatte unterhalb des Küchenfensters und erzählt seine eigenen Geschichten. Vor dem Fenster biegen sich Rosmarin und Basilikum im Wind.
Ich knete den dunklen Kastanienteig. Es fühlt sich unter meinen Händen samtig an. Ich spüre, wie es mit dem heißen Wasser vermischt arbeitet. Mit dem nussigen Aroma in der Nase, sehe ich Fischerboote in den Wellen vorüberziehen, im Vordergrund blühen farbenfroh alle möglichen Blumen um die Wette. Ich träume von der ligurischen Riviera.
Wenn du noch nicht dort warst, die Gegend von Camogli, über die kleinen Fischerdörfer der Cinque Terre, über Portovenere bis hin zu Lerici steht für raue Steilküsten und Weinberge, dazwischen bunte, urige Fischerdörfchen, die sich in die Hänge schmiegen, paradiesische Badebuchten, ehrwürdige Kirchen und Burgen, ruhige Wanderwege und dem weiten, offenen Meer. Es ist eine einzige Filmkulisse.
Pesto alla genovese
DAS Originalrezept Pesto alla genovese ist nicht mehr so wirklich zu finden. Letztendlich ist es auch hier so, dass es viele Familienrezepte gibt.
Wenn du bisher nur das fertige Pesto aus dem Glas im Supermarkt kennst und noch nicht in den Genuss eines Pestos direkt in Portovenere oder Genua gekommen bist, fehlt dir definitiv etwas im Leben.
Das frische Pesto ist intensiv, es ist cremig und hat einen würzig und gleichzeitig milden Geschmack. Ich habe es tatsächlich in seiner frischesten Form in einer Pastamanufaktur in einer kleinen Gasse von Portovenere das erste Mal auf einem Ranken Brot probiert. Es war göttlich.
Die Grundzutaten sind Basilikum, Knoblauch, Meersalz, ein mildes Olivenöl und ein Pecorino sowie Pinienkerne. Pecorino? Ja, im legendären Pesto aus Genua steckt Pecorino Sardo. Der sardische Schafskäse mag auf den ersten Blick überraschen. Aber wer einen kleinen Blick hinter den Vorhang der ligurischen Küche wirft, findet schnell heraus, dass Ligurien enge Beziehungen zu Sardinien hat. Ein Grund, warum ich beispielsweise in Genua am Hafen meinen sardischen Lieblingskäse für zu Hause bekomme.
Oft wird dieser mit einem ebenso lang gereiften Parmigiano gemischt. Der würzige Käse mit dem milden Öl sorgt mit dem frischen Basilikum und den edlen Pinienkernen für ein wahrhaftes Geschmackserlebnis. Manche fügen für die Cremigkeit etwas ligurischen salzigen Quark hinzu. Ich habe einen kleinen Löffel Pastakochwasser verwendet.
Das Rezept
Für die Pasta pro Person:
60 g Mehl Typ 00 und 40 g Kastanienmehl sowie ca 45 ml heißes Wasser.
Für das Pesto pro Person:
1 Bund Basilikum, eine gute Prise Meersalz, 1 TL Pinienkerne, je einen gehäuften Esslöffel Parmesan (lange Reifung) und Pecorino Sardo sowie 4 EL mildes Olivenöl.
Die Pasta:
Mische das Mehl, häufe es auf und forme eine Mulde. In die gibst du das heiße Wasser. Rühre das Mehl nach und nach ins Wasser ein. Wenn alles vermischt ist, fange mit den Händen an zu kneten. Rund 8 – 10 Minuten dauert es, bis der Teig glatt und geschmeidig ist.
Halte dich dabei nicht an der exakten Grammzahl oder Millilitern fest. Je nach Sorte, je nach Knetkraft oder auch Temperatur benötigst du einen Ticken mehr Mehl oder Wasser. Den fertigen Teig formst du zu einer Kugel und lässt ihn in Frischhaltefolie bei Zimmertemperatur mindestens 30 Minuten ruhen. Du kannst ihn auch statt Folie mit einer Schüssel abdecken.
Das Pesto:
Das gewaschene, aber komplett trockene Basilikum von den Stielen zupfen und mit den anderen Zutaten bis auf das Öl wahlweise mit einem Mörser per Hand zerstoßen oder wie ich in einer Küchenmaschine zerkleinern. Das Zerstoßen von Hand ist die schonenste Art. Da ich vor einiger Zeit meins kaputt gemacht und noch keinen Ersatz gekauft habe, ging es bei mir in die Maschine – aber wenigstens per Handkurbel. Wenn alles eine cremige Masse ist, rühre das Öl hinein, bis alles schön cremig ist.
Weiter geht es mit der Pasta. Der Kastanienteig ist etwas glatter als ein Teig aus Hartweizen. Die Pastaform mit dieser Mehlsorte unterscheidet sich daher von der Weizenvariante. Sie verzichtet auf die Drehung. Ein haselnussgroßes Stück aus dem Teig nehmen und auf dem Brett mit wenigen Bewegungen rollen. Die Spitzen links und rechts flach rollen und fertig. Optional kannst du mit einer Rollbewegung der Kante über den kleinen Finger eine leichte Drehung hineinbringen.
Die Kochzeit der Pasta beträgt rund drei Minuten.
Zum Ende der Kochzeit rühre einen kleinen Löffel Kochwasser ins Pesto um es etwas cremiger zu machen. Im Anschluss daran mische die fertigen Nudeln im Pesto. Eine rustikale, einfache Pasta, die auch noch kurz ist, kann auch einfach angerichtet werden. Sie verzaubert also nicht mit einer edlen Präsentation, wärmt aber Seele und Magen. Buon Appetito.
Die gedrehte Trofieform
Wenn du die bekannte, gedrehte Version der Trofie locker aus dem Handgelenk probieren möchtest: Die Technik ist eigentlich sehr einfach zu verstehen, aber die Praxis braucht den richtigen Teig und die richtige Übung. Das Kastanienmehl ist dafür zu glatt. Du nimmst eine haselnussgroße Portion Teig, rollst mit der flachen Hand nach oben mit zwei, drei Bewegungen die Länge und ziehst dann dieses Stück mit der Handkante entlang des kleinen Fingers mit einem Schwung von rechts nach links, dabei zwirbelst du die Pasta in die Spiralzacken.
Wenn du gern mal eine richtige Nonna in Action sehen möchtest, die routiniert und maximal lässig Trofie mit der gedrehten Form aus Weizenmehl herstellt, schaue einmal Rosetta von den Pastagrannies zu. Du findest das Video hier:
Mein Rezept für die Kastanienmehlpasta ist einfach und gut nachzumachen. Wenn du dich vorab aber schon an der fortgeschrittenen Variante versuchen möchtest denke dran:
Habe nicht den Anspruch nach fünf Minuten es genauso zu können wie jemand, der das seit 50 Jahren macht und vielleicht schon als Kind gelernt hat.
Oft fehlt von einem guten zu einem perfekten Ergebnis ein kleiner Kniff. Den lernst du aber nicht aus dem Buch, einem Blog oder von YouTube, sondern nur von den Menschen persönlich.
Last but not least: Habe immer Spaß dabei.
Inspiration
Großartige Inspiration zur ligurischen Küche und original Rezepte gibt dir auch Erin von „A small kitchen in Genoa“. Ich folge ihr schon länger und kann dir ihren Blog und Ihr Instagramprofil wärmstens ans Herz legen. https://www.asmallkitcheningenoa.com
Meine Trofie-Reise geht natürlich weiter. Nach dem historischen Rezept steht als nächstes der Semolateig mit der gedrehten Form auf meinem Plan. Eine weitere ligurische Pasta sind die Corzetti. Mein Lieblingsrezept ist mit einem Weißweinteig. Asche auf mein Haupt. Obwohl es seit Jahren eine meiner Lieblingspasta ist, ist das Rezept bisher hier auf dem Blog unveröffentlicht. Dies war mir gar nicht bewusst. Bei Facebook und Instagram habe ich bereits mehrfach geteilt und steht nun auf meiner ToDo-Rezept-Liste für den Blog.
Reiseinspiration bekommst du in meinen Reisebeiträgen nach Lerici, Portovenere und den Cinque Terre. In Lerici habe ich in einer Osteria mein ganz persönliches Kitchen Impossibel bei einem meiner privaten Kochkurse erlebt. Du kannst hier bei diesem Erlebnis dabei sein.