Lorighittas

Lorighittas: die ganz besondere Pasta aus Sardinien

Heute entführe ich euch kulinarisch nach Sardinien zu einer ganz speziellen Pastasorte: Lorighittas. Dieses traditionelle Gericht wird nur zu Feiertagen, ursprünglich zum 1. November, heute aber auch zu Weihnachten hergestellt. Der Teig besteht aus Semola, Salz und Wasser. Die Form ist etwas schwierig, die Herstellung ist sehr aufwändig und zeitintensiv. Lorighittas sind ein echtes Handwerk mit einer langen Tradition und Geschichte, welches in den Familien von Müttern an Töchter weitergegeben werden. Ein Stück Seele Sardiniens.

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Lorighittas werden meist mit einer einfachen Tomatensoße gereicht.

Lorighittas werden meist zu einer einfachen, fruchtigen Tomatensoße gereicht. Manchmal mit Huhn darin. Um so einfacher vielleicht die Soße gehalten ist und die Zutaten auch sein mögen, umso mehr steckt hinter der Form. Jedes einzelne Stück wird von Hand gefertigt, das braucht Zeit und macht diese Pasta um so wertvoller. Mit diesem Rezept lernt ihr das echte Sardinien kennen.

Die sardische Küche ist nicht von Reichtum geprägt, sondern von einfachen, nahrhaften Zutaten, die vor allem die harte Arbeit auf dem Land möglich macht. Um so eindrucksvoller für mich ist es, wenn dann durch das aufwendige, zeitintensive Formen aus solch einfachen Zutaten ein so unfassbar wertvolles Gericht entsteht.

Die Seele Sardiniens liegt kulinarisch im Hinterland

Wir bewegen uns weg von Stränden und dem Meer und wenden uns ins Landesinnere. Der Ursprung liegt tief im Hinterland, in einem Bergdorf mit Namen Morgongiori in der Provinz Oristano. Rund 600 Einwohner hat dieses Dorf im Westen Sardiniens. Seit Beginn des 16. Jahrhunderts kamen ab Anfang Oktober die Frauen von Morgongiori zusammen und stellten gemeinsam in reiner Handarbeit diese besondere Pasta für das Allerheiligen-Fest am 1. November her. Inzwischen wird die Pasta auch an Weihnachten, Ostern oder anderen besonderen Festtagen gereicht.

Es ranken sich unterschiedliche Geschichten um die Form. Eine davon sagt, dass insbesondere unverheiratete Frauen diese Pastaform herstellten, während sie auf ihren Hochzeitsring gewartet haben. Der Name Lorighittas bedeutet soviel wie „kleine Ringe“. So schmückten die Damen ihre „leeren“ Finger mit diesen besonderen Köstlichkeiten bis sie von einem jungen Mann um ihre Hand gebeten wurden.

Eine andere Geschichte besagt, dass die Form an Ohrschmuck erinnert und diese zum Trocknen am Ohr getragen wurden. Tatsächlich wird die Pasta noch heute in stundenlanger reiner Handarbeit gemacht und dann in sardischen Körben zum Trocknen gelagert. Und genau das zieht mich magisch an.

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Diese Pastaform wird in einem sardischem Weidenkorb getrocknet.

Kostbares Handwerk in langer Tradition

Ich habe auf meiner letzten Sardinienreise durch lange Recherche, Kontakte und am Ende gute 2,5 Stunden einfache Fahrtzeit eine Sardin gefunden, die mir dieses Handwerk privat und persönlich sowie die Geschichte dazu im Original beibrachte. Eine solche echte Tradition, die aufwendig ist und nach wie vor nicht maschinell betrieben wird, vor Ort im Original zu erleben, ist ein Geschenk. Zugegeben, man kann sie inzwischen auch fertig kaufen, aber es bleibt ein Stück echtes Sardinien und auch die maschinelle Herstellung ist bisweilen noch begrenzt.

Ich hoffe sehr, dies bleibt auch so. Ich möchte gern dieses kostbare Kunsthandwerk bewahren. Wer sich auf die Pfade der sardischen Pasta begibt, sollte sich dieser Tradition bewußt sein, sie ebenso wertschätzen und sich die Zeit nehmen, sie im Handwerk zu fertigen. Mit jeder Gabel schmeckt man das echte sardische Hinterland.

Eine Pasta für geübte Hände

Bevor ich nun auf das Rezept eingehe muss ich vorweg nehmen, dass diese Form etwas für geübte Pastateigmacher ist. Wir benötigen für die Form einen sehr dünnen Teigstrang; damit dieser nicht reißt muss er wirklich sehr elastisch sein. Für pure Anfänger kann ich daher erst einmal die Malloreddos empfehlen. Nicht nur die Form ist anfängergerecht, auch der Teig verzeiht einiges.

Ist der Teig perfekt elastisch, lassen sich die Teigstränge einfach und geschmeidig dünn rollen, die Form zwirbeln und es reißt nichts. Ist er beispielsweise einen Tick zu trocknen, wird das Rollen des Teigstrangs schon schwieriger. Im Zweifelfall lasse sie bei deinen ersten Versuchen einfach etwas dicker und taste dich dann von Mal zu Mal an die kleine, dünne Variante heran.

Lorighittas_Der Pastateig
Der Pastateig ist ein Semola-Wasser, der jedoch sehr elastisch ist.

Rezept

Pro Person benötigst du

100g Semola, eine Prise Salz und ca 50 ml Wasser. Aus dem Semola eine Mulde formen. Die Prise Salz ins Wasser geben und kurz verrühren und dann die Flüssigkeit in die Mulde geben. Den Teig kneten bis er geschmeidig ist. Bei Semola-Wasserteig knetet man in der Regel nicht ganz so lange wie beim Eierteig, aber 7, 8 Minuten sind es sicherlich.

Das richtige Gefühl für die perfekte Teigkonsistenz kann man tatsächlich nur mit Erfahrung und Übung bekommen, da helfen keine genauen Grammangaben. Dieser Teig muss jedoch elastischer sein, als beispielsweise die erwähnten Malloreddus. Dies gelingt Dir einerseits mit einem hochwertigen Semola. Du merkst in der Tat den Unterschied in der Qualität. Zum anderen gehört auch das richtige Verständnis des Flüssiganteiles und des Salzes zum Erfolg.

Aber bevor Frust aufkommt, eine Sardin lernt diese Pastaform im Kinder- oder Jugendalter und hat somit viele, viele, viele Jahre Erfahrung. Es ist also völlig okay, wenn der erste Versuch nicht perfekt ist. Einfach mal anfangen, nicht entmutigen lassen und üben, üben, üben. Den Teig in Frischhaltefolie rund 30 Minuten lassen.

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Den Teig sehr dünn rollen.
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Zweimal um die Finger wickeln und miteinander verzwirbeln ….
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… bis es so aussieht.

Aus dem Pastateig nun ein Stück abnehmen und einen langen, möglichst dünnen Strang von ca 15-20 cm Länge rollen. Um zwei bis drei Finger legen, je nach dicke der Finger, zweimal umschlingen, an einer Seite die beiden Enden festhalten und mit der anderen Hand ineinander zwirbeln. Dies muss mit etwas Gefühl erfolgen, da der Teig leicht reißt.

Lorighittas
Am Ende sollte es ungefähr so aussehen.

Ein Video zur Technik kannst Du in meinem Beitrag auf Instagram sehen:

https://www.instagram.com/p/CElRJh4odIQ/

Die Ringe entweder direkt kochen oder trocknen lassen. Die Kochzeit variiert je nach Dicke. Bei frischer Pasta sind dies als Richtwert 4 Minuten.

Der Sugo

Für einen einfachen Tomatensugo eine Knoblauchzehe in Öl anbraten, bis sie golden wird, danach entfernen. Eine Dose kleine Tomaten mit einer Handvoll frischer, gewürfelten Tomaten in den Topf gebeten, kurz kochen lassen, mit Pastawasser und etwas Weißwein ablöschen und mit frischer Petersilie und etwas Basilikum würzen. Die Pasta mit der Soße und geriebenen Pecorino servieren.

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Lass es dir schmecken.

Noch mehr Sardinien? Wie wäre es mit Spizzulus, einer sardischen Pastasorte mit Rotwein.