Das kleine Örtchen Bosa liegt auf der Westseite Sardiniens. Eine Reise dorthin ist eine Reise in eines der charmantesten Fischerdörfer mit bunten Häusern und engen Gassen. Hier herrscht selbst in der Hochsaison eine entspannte Stimmung. Wenn du mit dem Auto durch die Serpentinenstraße über den letzten Hügel hinunter fährst öffnet sich schon der erste Traumblick auf die Mischung aus pastellfarbenen und kräftigen, bunten Farben, die um die Wette leuchten. Unmöglich sich nicht in diese Stadt zu verlieben. Es ist, als ob ein Maler seine große Farbpalette ausgepackt hat und eine Postkartenidylle mitten in die sowieso schon traumhafte Natur gemalt hat.
Die Anfahrt ist bereits spektakulär
Egal ob du aus dem Landesinneren über Macomer nach Bosa kommst oder über die Panoramastraße, die den Traumküstenabschnitt von Alghero mit Bosa verbindet, die Anfahrt ist in jedem Fall schon spektakulär. Ich komme bei meinem Besuch von Macomer. Mein Weg führt mich zunächst über die kleine einspurig befahrene Steinbrücke über den Fluss Temo. Vor mir zeichnet sich nicht nur die bunte Kulisse der schmalen, bunten Häuser ab, hoch über der Stadt ragt eine imposante Burg – das Castello Malaspina. Eingerahmt ist dieser Ort von Weinreben und einfach nur sattem Grün.
Gelebte Traditionen
Ich parke kostenfrei direkt an der kleinen Uferpromenade des Flusses. Gegenüber auf der anderen Flussseite erkenne ich die Gebäude einer alten Gerberei. Vor vielen Jahrzehnten war Bosa das Herz der sardischen Leder- und Fellverarbeitung. In den Gebäuden siedelten sich inzwischen Museen und Restaurants an. Es ist Vormittag in Bosa und so sind die letzten Fischer noch auf ihren Booten zu sehen, wie sie ihre Netze reinigen und prüfen und letzte Arbeiten am Boot vornehmen, bevor es morgen wieder raus aufs Meer geht. Auch für den Fischfang ist Bosa bekannt. Noch heute kann man morgens direkt von den Fischerbooten wie an vielen Orten auf Sardinien den Fisch kaufen. Frischer geht es wirklich nicht.
Ich biege in die Altstadt ab und lasse mich von der Atmosphäre und den engen Gassen verschlingen. Direkt nach den ersten Metern sitzen drei ältere Sarden auf ihren Holzstühlen und unterhalten sich. Während auf der Hauptfußgängerstraße links und rechts die zahlreichen Geschäfte Einheimische wie Touristen locken, wird es in den seitlichen, verschlungenen Gässchen leer und ruhig. Ich genieße zunächst aber erstmal in einem der Cafés rund um die zentrale Piazza am Ende der Straße einen Caffé. Es herrscht eine ruhige, fröhliche Atmosphäre. Einheimische ziehen mit ihren gefüllten Einkaufstaschen vorüber, Touristen schlendern entlang, einige Tische sind besetzt für einen ersten Sprizz oder einen Caffè zwischendrin.
Fühle das dörfliche, sardische Leben
Während sich einige Touristen auf den ausgeschilderten Weg Richtung Burg machen, verliere ich mich in den engen Seitengassen. Theoretisch autofrei, sausen praktisch trotzdem immer mal eine kleine Ape oder ein Fiat durch mit einem süßen TrötTröt, während das Gefährt fast schon links und rechts an der Häuserwand entlang schrammt. Die Häuser sind liebevoll mit Blumentöpfen und Blumenkästen geschmückt, nicht nur die Fassaden sind bunt bemalt, auch die Holztüren zeugen von liebevoller Pflege. Vor einigen Türen hängen gehäkelte Spitzendecken, die gefüllten Wäscheleinen gehören darüber hinaus natürlich auch in Bosa zum Stadtbild.
Über uns strahlt die Sonne und der blaue Himmel. Durch die enge, hohe Gasse laufe ich aber auch in der Mittagshitze im kühlen Schatten. Zwei junge Mädchen mit Schulranzen verschwinden gerade in einem Hauseingang, eine Sardin mit Einkaufsnetz biegt um die Häuserecke. Ich erlebe die reinste italienische Idylle, aber ganz real. Es fühlt sich nach einem ursardischen, sehr dörflichen Leben an.
Vom Castello legt sich dir die Stadt zu Füßen
Ich beginne mit dem Aufstieg Richtung Castello und entscheide mich für eine Treppe, die direkt nach oben führt. Okay, zugegeben, es wird nach oben hin anstrengend. Die gute Nachricht, es gibt viele Wege zur Burgruine, einige davon schlängeln sich wesentlich entspannter hoch. Auf der Straße zum Eingang der Burg verschlägt es mir bei der Aussicht bereits die Sprache. Ich nehme die letzten Treppenstufen zum Eingang in Angriff, bezahle mein Eintrittsgeld und steige auf den Mauergang, der rund um die Burgruine führt. Jede Stufe vom Fluss bis hinaus auf diesen Steg hat sich gelohnt. Diese wunderschöne Stadt legt sich dir regelrecht zu Füßen und bietet dir das schönste Panorama, was du an der Westküste sehen kannst.
Eingebettet in Weinberge und Olivenhaine schmiegt sich direkt unter dir ein wahres Meer an bunten Häusern in den Hang. Du kannst sie nicht zählen, erkennst aber das Labyrinth der engen Gassen und bist sprachlos, dass so viele Häuser auf so wenig Quadratmeter passen. Eng und farbenfroh stehen sie zusammen. Dahinter schlängelt sich der Fluss entlang Richtung Meer. Im Hintergrund siehst du auf das vorgelagerte Marina di Pisa, auf die lang gezogene Spiaggia und auf den Sarazenenturm am Ende der Marina. Wahnsinn!!! Kein Bild der Welt kann diese Aussicht gerecht einfangen.
Es geht weiter nach Bosa di Marina
Der Abstieg von der stolzen Burgruine ist wesentlich entspannter. Ich bin neugierig geworden, steige in mein Auto und folge dem Fluss Richtung Marina di Pisa. Meine Badesachen sind im Auto, ein Nachmittag am Meer wäre jetzt perfekt. Ich komme auf dem Weg zum Strand vorbei an der Endhaltestelle des “Trenino Verde“, der kleinen sardischen Schmalspurbahn. Marina di Pisa ist ein Urlaubsort.
Er besteht aus einem Yachthafen und der Marina sowie einer sehr langen Bucht. Viele Kilometer feinstem Strand und ruhigen, seichtem Wasser laden zum Baden ein. Ein Strandtag wird es allerdings nicht werden, da der Wind zu stark ist und den Strand ins Gesicht peitscht. Auf der anderen Seite des Turms liegt das offene Meer und damit die raue Küste des Westens. Hohe Wellen peitschen gegen die Steine. Auch mit diesem an diesem Tag starken Wind ist es ein wunderschöner Platz zum Träumen. Ich setze mich auf die Steine und schaue aufs offene Meer, auf die Wellen und die im Hintergrund vorbeiziehenden Schiffe. Der Horizont ist unendlich und lässt die Gedanken schweifen.
Die Entdeckung in Bosa: Mirto-Gelato
Zeit für ein Gelato. In Bosa die Marina entdecke ich meine Liebe zum Mirtoeis. Mirto ist ein sehr leckerer sardischer Likör, der in vielen Produkten verarbeitet wird. Während ich zu diesem Zeitpunkt bereits großer Fan der Salsiccia sarda al mirto bin, bestelle ich mir zur Feier des Tages den großen Mirtoeisbecher. Mirtoeis und ein – hm seeeeeeehr guter – Schuss Mirtolikör verpassen mir das volle Geschmackserlebnis. Spoileralarm: Ab diesem Moment gönne ich mir jeden Tag eine Kugel Mirtoeis ?.
Sardiniens Traumstraße: SP 49
Apropos Gönnen: Ich gönne mir noch ein bisschen Roadtripfeeling mit einer Fahrt auf Sardiniens schönster Traumstraße mit einem Abstecher zum Meer. Die SP 49 verbindet Bosa mit Alghero. Es ist eine sehr kurvenreiche Straße, die entlang der rauen Steilküste führt und den Blick aufs Meer freigibt. Du kommst auf dieser Route an zahlreichen Spiaggien und Möglichkeiten um ins Wasser zu kommen. Teilweise gut ausgeschildert und mit Parkplätzen an der Hauptstraße, teilweise auch verborgen durch schmale Pfade durch die Macchia findest du kleine romantische Buchten.
Ich fahre nur ein paar Kilometer, halte an einer Parkbucht und suche mir durch die Macchia meinen Weg Richtung Meer. Ein Traumtag wird gekrönt von Entspannung mit Buch und Blick auf die endlose Weite, auf die Wellen, die wunderschönen blauen Farben und die ganze Schönheit der Westküste Sardiniens.
Noch mehr Bosa?
Weitere Idee für Deinen Besuch: Wer gerne wandert findet rund um Bosa viele Wanderwege, auch Radler kommen auf den Genuss. Für Badegäste ist es auf jeden Fall ein Paradies. Da wir hier an der Westküste sind kannst du abends die fantastischsten Sonnenuntergänge bewundern. Kulinarisch kannst du rund um Bosa nicht nur traditionelle sardische Gerichte entdecken sondern auch das flüssige Gold. Gemeint ist eine Weinprobe des Malvasia di Sardegna. Rund um Bosa ist diese spezielle Weinsorte beheimatet und einzigartig.
Mein Beitrag zu Alghero ist noch nicht online, aber ich empfehle euch einen Besuch wärmstens. Direkt in der Nähe liegt das Naturschutzgebiet Capo Caccia. Einen Einblick gebe ich hier.
Mehr ursprüngliches Sardinienfeeling findest du auch an der Ostküste Sardiniens – in Oliena. Mehr darüber erfährst du hier.
Lust auf sardische Pasta? Rezepte dazu findest du unter dem Menüpunkt Küche. Wie wäre es beispielsweise mit sardischen Malloreddus zum Anfang? Das Rezept gibt es hier.