Jule bei einem Teller Pasta

Auf einen Teller Pasta mit … Jule von „Expedition Abruzzen“.

Trommelwirbel, Tusch, Whoop Whoop, dies ist die Premiere meines neuesten Projektes. Bei „Auf einen Teller Pasta mit…“ plausche ich ab sofort virtuell mit Menschen in Italien und solchen, die mit Italien eng verbunden sind. Es geht um Land, Leute, Lieblingsplätze, Geheimtipps und natürlich die regionale Küche. Den ersten Teller Pasta futtere ich mit der grossartigen Jule von Expedition Abruzzen. Ein echtes Berliner Mädel, die es in die eher unbekannte italienische Region Abruzzen verschlagen hat. Es geht um das große Erfolgsgeheimnis der italienischen Küche und der italienischen Lebensphilosophie, über Saloonfeeling und die Rohfassung Italiens – und über Jesus.

Los gehts. Ich erwische Jule gerade in Raiano.

Jule, wir plauschen ja gerade über einem Teller Pasta. Was ist seine Lieblingspasta?

Eigentlich immer genau die, die gerade auf dem Tisch steht! Ich esse ja wirklich ALLES und das meiste sogar richtig gerne! Meine Gastmama in Rom hat mich immer eine “Buona Forchetta” genannt. Wörtlich bedeutet das “eine gute Gabel” und ist die italienische Bezeichnung für gute und leidenschaftliche Esser. Ich glaube heute nennt man das Foodie…

Aber zur Pasta: Seit einer ganzen Weile bin ich ziemlich auf dem Cime di Rapa-Trip, die es jetzt im Winter natürlich besonders oft gibt (meist dann klassisch mit Orecchiette). Vielleicht ist das immer noch Nachholbedarf, weil ich dieses Gemüse zur Pasta so aus Deutschland gar nicht kannte (glaub, da heißt das Stängelkohl). Ohnehin hatte ich auch nicht gewusst, wo es das zu kaufen gibt, geschweige denn, dass es so einfach zuzubereiten ist und gleichzeitig verdammt gut schmeckt. Pasta e Ceci (also mit Kichererbsen) ist noch so ein Nudelgericht, das ich vor ein paar Jahren vermutlich dankend abgelehnt hätte, jetzt gehört es (abgerundet mit etwas Safran und Rosmarin) zu meinen Favoriten. Ansonsten liebe ich die Kombi Speck-Zucchini-Safran oder Lachs und Pistazie mit Gnocchetti.

Pasta auf einem Teller
Stilecht mit Goldrand auf der Baustelle – so muss Pasta

Im Moment ist unsere Küche umbaubedingt leider fast immer außer Betrieb, weshalb wir fast täglich bei den Schwiegereltern essen “müssen”. Da gibts dann mindestens viermal die Woche Pasta mit Sugo. Natürlich der Gute, den wir im Sommer aus den eigenen Tomaten eingekocht haben. Vielleicht nicht sehr abwechslungsreich, aber geschmacklich immer eine solide Nummer! Besser geht’s kaum!

Puh, okay. Jetzt habe ich aber mehr als Hunger, viele Rezeptideen und spüre gerade puren Neid. Ich möchte auch gern vier mal die Woche bei seinen Schwiegereltern Pasta essen müssen. 😉 Was verbindest su damit?

Lebensfreude! Bei gutem Essen “senza pretese – ohne Ansprüche” hüpft mein Herz und die Augen fangen an zu leuchten. Was ich an der italienischen Küche am meisten liebe, ist, dass die meisten Rezepte mit wenigen Zutaten und Gewürzen auskommen. Kein Schnickschnack und unnötige Balsamico-Schnörkel. Trotzdem ist alles ausgewogen und man kann jede Zutat rausschmecken. Je weniger Komponenten, desto wichtiger ist dann aber auch die Qualität beziehungsweise der Geschmack und zwar von jedem einzelnen Produkt, das zum Kochen verwendet wird.

Dann ist da noch die Sache mit der Zeit. Du weißt ja selbst, wie wichtig die Ruhepause beim Teigherstellen (egal, ob für Pasta oder Pizza) ist. Ich glaube, der Faktor Zeit ist, neben wenigen, einfachen aber hochwertigen Zutaten, ohnehin das große Erfolgsgeheimnis der italienischen Küche. Und ich finde diese Philosophie kann man auch ganz gut aufs Leben übertragen.

Jule und Ivan
Ivan und Jule mitten im italienischen Traum

Du sprichst mir absolut aus dem Herzen. Genau das alles liebe ich so sehr an der italienischen Küche. Aber sagt mal, sein Blog heißt „Expedition Abruzzen“. Jetzt sagen bestimmt schon einige Menschen: Expedition was? Erklär mal, wo genau liegen die Abruzzen?

Ja, als wir (mein Mann Ivan und ich) unseren Blog ins Leben gerufen haben, haben wir uns einen extra schweren Namen ausgedacht. Einer, der ein bisschen sperrig ist, wie die Region selbst manchmal wirkt. Es sollte nach Abenteuer klingen und Entdeckerlust, aber mittlerweile finde selbst ich acht Silben zu krass.

Aber der Reihe nach: Die Abruzzen sind eine Region in Italien. Auf gleicher Höhe von Rom, aber an der Adria, also der anderen Seite des Stiefels. Wir haben uns entschieden einen Blog genau dieser Region zu widmen. Wir wollten ein ländliches, wildes und recht unbekanntes Italien abseits von den bekannten Touristenmagneten vorstellen, das ganz nebenbei auch unsere Heimat ist. Die Abruzzen liegen zwar direkt neben der Hauptstadt sind aber touristisch von verschwindend geringem Interesse und auch sonst eher unbekannt. Dabei gibts hier ganz Italien quasi als Rohfassung und quasi im Miniaturformat: Berge bis fast 3.000 Meter, die Adriaküste, dazwischen Naturparks, versteckte Dörflein, mittelalterliche Burganlagen, antike Ruinen.

Was hat dich dorthin verschlagen?

Das ist ganz klar Ivans Schuld oder Verdienst. Der ist nämlich hier in den Abruzzen geboren. Vor zehn Jahren kreuzten sich unsere Wege in einem Copyshop in Rom und mit ihm trat dann auch unweigerlich seine Heimat in mein Leben. Nach sechs gemeinsamen Jahren in Berlin (da komme ich nämlich her) sind wir dann 2018 in sein Heimatdorf gezogen. Zuerst war das nur als Übergang gedacht, aber gerade haben wir das Haus seiner Großmutter aufgekauft und sind fleißig am Bauen. Sieht also danach aus, als würden wir noch ein bisschen bleiben…

Das wäre sonst auch schade um die ganze Arbeit 😉 Mal abgesehen von der Liebe und seiner familiären Verbindung, was macht die Region so liebenswert für dich?

Ich war nun wirklich schon viel in Italien unterwegs und an Schönheit überbieten sich die Regionen des Landes teilweise ja geradezu, so ist es unmöglich zu sagen, wo es am schönsten ist. Ich bin ja, wie gesagt, nur rein zufällig hier gelandet, aber ziemlich dankbar, dass ich die Region und somit auch das Land immer besser und tiefer kennen und lieben lernen durfte. Hier in den Abruzzen liebe ich besonders die Kontraste und unglaubliche Vielfalt! Jeder, der mit mir schon Mal einen Strandurlaub erlebt hat, weiß wie schnell ich mich langweile! Hier hab ich so viel Abwechslung, dass ich jeden Tag neu entscheiden kann, wonach mir gerade der Sinn steht. Wald, Fluss, Bergdorf, antike Ruinen, See, Meer oder Berge? Hier gibt es von allem etwas und das direkt vor der Haustür.

Was mich hier in den Abruzzen aber immer wieder überwältigt, ist diese entwaffnende Natürlichkeit. Ja, die Region kommt manchmal ein bisschen störrisch daher, aber mit einer so kraftvollen Herzlichkeit, dass ich gar nicht anders konnte als mich von dieser ungezähmten Schönheit erobern zu lassen.

Abruzzen
Entwaffnende Natürlichkeit

Also ich habe jetzt schon große Lust die Abruzzen kennen zu lernen. Hast su einen Lieblingsort?

Tausende! Das ist ein bisschen so, wie mit der Pasta. Immer da wo ich gerade bin ist mein Lieblingsort! Wenn ich mich aber für einen Favoriten entscheiden müsste, dann würde ich mir wahrscheinlich den Majella Nationalpark aussuchen. Allein schon weil die Majella ein weiblicher Berg ist… Aber unabhängig von der Genderfrage bietet die Majella Features wie Skifahren mit Meerblick, märchenhaften Buchenwälder, schroffe Gipfel, sprudelnde Quellen und unzähligen Einsiedeleien, die sich rund um dieses Bergmassiv verbergen.

Berge der Abruzzen
Berge …..

Was würdest du jemandem empfehlen, der noch nie in der Region war, aber jetzt neugierig geworden ist. Wo sollte er auf jeden Fall hin? Was sollte er auf jeden Fall machen – oder sie natürlich?

Ganz klar die Klassiker: Rocca Calascio und Arrosticini Grillen auf dem Campo Imperatore. Das ist das Pflichtprogramm, das jeder, der uns besucht absolvieren muss und das bisher noch niemanden kalt gelassen hat. Ich hab mittlerweile aufgehört zu zählen, wie oft wir das jetzt schon durch haben. Aber auch ich bin jedes Mal wieder aufs Neue überwältigt! Diese Weite dort oben ist einfach unbeschreiblich und man vergisst eigentlich, dass man überhaupt in Italien ist und man in einer knappen Stunde schon am Meer liegen könnte…

An Tag 2 und 3 geht es dann meist nach Scanno oder in Richtung Trabocchi-Küste. Das sind so die Highlights der Region, die sich echt lohnen. Aber ich würde jedem empfehlen zwischendurch irgendwo in einem x-beliebigen Dörfchen anzuhalten, durch die Gassen zu schlendern und auf einen Espresso in der Dorfbar vorbei zu schauen. Die Landschaft hier ist überwältigend, aber in den Dörfern und Bars der Region verbergen sich ganz fantastische Persönlichkeiten und es spielen sich herrliche Alltagsszenen ab, die das eigentliche Herz der Region sind. Neorealismus im echten Leben und viel besser als Fernsehen.

Abruzzen
… und Meer.

Eine kleine Story aus dem Nähkästchen geplaudert. Gibt es ein besonderes Erlebnis, was dir passiert ist oder vielleicht eine Macke der Abruzzener? Nebenbei: Wie nennt man eigentlich korrekt die Menschen in der Region?

Mein allererster Besuch in den Abruzzen ist mit einem besonders turbulenten Erlebnis verknüpft. Wir waren gerade auf dem Weg in die Dorfbar als Ivan mich versucht hat auf den Abend vorzubereiten: “Das ist hier einfach nur ein kleines Dorf und echt nicht mit Berlin zu vergleichen. Erwarte bitte nicht zu viel, denn hier passiert nie was!” ich nicke und kaum biegen wir um die Ecke, sehe ich Rauchschwaden aus der Bar aufsteigen und einen Typ in der Horizontalen aus der Bar fliegen. Ein schreiender 2 Meter Typ neben einer 2 Meter Frau hebt ihn vom Boden auf und jagt ihn davon. Ein paar Flaschen gehen zu Bruch und ein robuster und offensichtlich sehr aufgebrachter Glatzkopf fuchtelt wie wild mit den Armen.

Wie sich kurz herausstellte, waren die aufgebrachten Abruzzesen Ivans Freunde und der fliegende Typ hat kurz zuvor den Spielautomaten mit Benzin übergossen und in Brand gesetzt, nachdem er ein ganzes Monatsgehalt verspielt hatte.

Ich meine klar, wer kennt das nicht!? Die Geschichte ist mittlerweile ein Klassiker, die immer in warmen Sommernächten in genau dieser Dorfbar immer wieder für ein paar Lacher sorgt.

Klar, solche Abende erlebe ich ständig. Quasi wie daheim. *Lach*. Wir haben ja das Glück auf erfrischende, lebendige Weise dich mit deinem Blog zu begleiten. Beschreibe deinen Blog doch für uns in maximal drei Sätzen.

Ein Blog über eine Region in Italien, die kaum einer kennt. Wir zeigen dir ein ländliches, wildes und recht unbekanntes Italien abseits vom Massentourismus: Komm uns besuchen und lass dich überraschen!

So, mein Teller ist leer, die letzte Pasta verputzt. Verrate mir zum Ende hin doch noch mal, mit wem du gern mal Pasta in den Abruzzen essen würdest?

Wenn ich mir ganz frei jemanden aussuchen könnte, dann wäre das definitiv Jesus!

Bähm. Ich dachte eigentlich schon bei der Saloon-Geschichte, ich hätte den Knaller gelesen, aber „Jesus“, das ist der absolute Cliffhanger. Liebe Jule, ich danke dir für diesen tollen Plausch und die leckere Pasta. Jetzt hab ich Lust auf die Abruzzen. Wer jetzt auch Lust hat auf die Abruzzen schaut am Besten gleich mal bei Jule im Blog vorbei: https://expedition-abruzzen.de/ – da kannst du dann auch gleich mal nachfragen, warum Jule wohl mit Jesus Pasta essen möchte. Ich habe die Frage gestellt, die Antwort war richtig gut. Aber bevor du gehst, lass mir gern einen Kommentar da, wie dir mein neues Format gefallen hat.

6 Kommentare

    • Das klingt perfekt. Genau das sind die Momente, die mein Herz höher schlagen lassen. In jeder Stadt, in jeder Region versuche ich zu Hause bei und mit jemand in seiner Familie zu kochen um genauso dieses Gefühl zu spüren.

    • Danke Dir für diese schönen Worte. Es freut mich, dass das Format so gut ankommt. Der nächste Teller Pasta ist auch schon in Arbeit 🙂

    • Oh wie schön. Vielen Dank für Dein tolles Feedback. Das freut mich wirklich sehr. Und Du bist ins schöne Italien gezogen, das klingt spannend und großartig zu gleich.

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