ragù di cinghiale

Pappardelle al Ragù di Cinghiale

Wir reisen kulinarisch in die wunderschöne Toskana. Die Region in der Mitte Italiens ist an Vielfalt kaum zu überbieten, von Bergen und Meer, von Kultur, traumhaften Landschaften, beeindruckenden Orten mit langer Geschichte und natürlich einer langen Genusstradition. Nicht nur der Weinanbau wird hier großgeschrieben. Die toskanische Küche ist eher rustikal gehalten und wenn man nicht gerade direkt an der Küste ist, dann auch eher deftig und fleischlastig. Wild gehört zu den traditionellen Fleischgerichten und Pappardelle al Ragù di Cinghiale ist der Klassiker.

Es ist ein besonderes Essen für den Sonntag oder an Feiertagen. Dieses Gericht besticht durch seine lange Marinierphase des Fleisches, dem intensivem Geschmack, wohltuenden Duft, die euch zusammen in den Himmel bringen.

Deftige Toskana

Für Viele ist die Toskana der Sehnsuchtsort. Romantische Dörfer wie San Gimignano oder Volterra, hügelige Landschaft mit den langen  Zypressenallen und Olivenhaine wie Val d’Orcia oder das Chianti oder historische Städte wie Florenz, Siena oder Lucca prägen die Region und lassen uns träumen.  Ebenso träumen lässt uns die einfache, authentische Küche. Und dennoch ist sie raffiniert, so auch das Ragù di Cinghiale.

Die Toskana hat einen hohen Wildschweinbestand, weshalb dieses Gericht sozusagen das Nationalgericht der Toskana ist. Was für Bologna das Ragu alla Bolognese ist ist für die Toskana das Ragù di Cinghiale. Die Pappardelle ist wiederum die typische toskanische Pasta. Während  auch hier etwas weiter nördlich in Bologna die Tagliatelle beheimatet ist, mögen sie es in der Toskana gern etwas breiter in Sachen Pasta.

Die Soße hat noch mehr Fläche um daran zu haften und den Geschmack auf die Zunge zu bringen. Das Wildschweinragu krallt sich geradezu an der breiten Pasta fest oder um es in poetischen Worten zu sagen, es schmiegt sich an die geschmeidige Pasta und wird eins mit ihr. So rutscht nichts herunter und ihr bekommt Pasta und Ragù saftig auf die Gabel und in den Mund. Multo Bene.

Einfache Küche raffiniert umgesetzt

Das Raffinierte an diesem Rezept ist die lange Marinierzeit. Bereits 24 Stunden vorher baden wir das Wildschwein in Rotwein und aromatischen Gewürzen, am Tag selbst lassen wir das Ragù mindestens zwei Stunden vor sich hin köcheln um alle Aromen intensiv zu vereinen.

Wild ist nicht jedermanns Sache. Tatsächlich ist Wildschwein gesund: Es ist insgesamt nicht so fettig und weitgehend unbelastet. Die Tiere leben draußen und ernähren sich natürlich – anders als bei der Massentierhaltung. Wildschwein ist intensiv aromatisch. In Deutschland stammt das Wild überwiegend aus der Jagd und ist in der Jagdzeit von Juni bis Januar oder bei Jungtieren auch ganzjährig zu bekommen.

Fragt bei eurem Metzger des Vertrauens nach. Supermärkte dagegen führen an der Fleischtheke meist kein Wild und wenn doch, stammt es meist aus Gatterhaltung. Der Gang zum Metzger und die Entscheidung für ein Wildschwein aus der Region lohnen sich mehrfach. Achtet beim Kauf auf eine dunkelrote Farbe.

Dunkelrot sollte das Fleisch aussehen. Hier seht ihr ein Stück nach dem Marinieren.

Ein paar Vorbemerkungen und Tipps zum Wild

Für das Ragù eignet sich am Besten ein Stück aus der Schulter, alternativ auch Nacken oder Keule. Wir benötigen das Fleisch am Stück. Natürlich könnt ihr auch ein Stück aus dem Rücken benutzen. Diese Partie ist feiner und zarter und wird eher für Braten oder Filetsteaks verwendet.

Das Fleisch wird im Rotwein mariniert, die Marinade verwenden wir zum Schmoren. Dies entspricht einer der traditionellen Varianten. Wem dies jedoch zu weinlastig ist, behält rund 0,5l Gemüsebrühe (vorher ansetzen) bereit.

Die Zutaten für die Marinade
Das marinierte Fleisch mit den weiteren Zutatent

Die Einkaufsliste:

Für 2 Personen

  • 250 g Wildschwein aus der Schulter – sollte das Stück recht sehnig und mit Fett sein, dann erhöht die Menge entsprechend.
  • 0,5-0,75 l guter Rotwein (siehe Anmerkung)
  • 1 rote Zwiebel
  • 2 Möhren, ein Sellerie, 1 Stange Lauch
  • 1 Knoblauchzehe,
  • Pfefferkörner ganz und Wacholderbeeren (je ca 6,7  Stück)
  • Ein paar Nelken
  • 2 Lorbeerblätter
  • 1 Zweig Rosmarin, 1 Zweig Thymian
  • 2 El Tomatenmark
  • 1 Dose stückige Tomaten
  • 150 ml Vollmilch
  • Butter zum Braten – alternativ Olivenöl
  • frisch geriebener Parmigiano Reggiano (beim Servieren)
  • ca 0,5 l Gemüsebrühe (dazu 0,5 l Wasser zum Kochen bringen, eine große Möhre, Sellerie, Lauch und frische Petersilie zerkleinern und aufkochen und rund eins bis zwei Stunden leicht köcheln). Wir nutzen die Brühe beim Schmoren des Ragù zusätzlich zur Weinmarinade zum Auffüllen der Flüssigkeit je nach tatsächlichen Bedarf.

Eine Anmerkung zu der Auswahl des Weines

Wildschwein hat einen kräftigen Eigengeschmack, um hier nicht unterzugehen sollte es also auch ein kräftiger Rotwein sein. Das Wildschweinragu als Schmorgericht mit seiner 24-Stunden Marinade ist ein Weingericht. Die Aromen des Weins ziehen in das Fleisch ein und haben daher einen erheblichen Anteil am Geschmack. Ich empfehle daher einen guten Rotwein auszuwählen, den Ihr auch so gern zu einem kräftigen Wintergericht trinken würdet. Das kann natürlich ein Wein aus der Toskana sein wie etwa ein kräftiger, intensiver Chianti, aber auch ein Barolo oder wonach euch der Sinn steht. Denn hier ist euer persönlicher Geschmack ganz entscheidend.

Noch eine Anmerkung: Im Originalrezept für das Ragù wird auch gern ein Stück Pancetta verwendet um mit dem Fett vom Speck noch etwas mehr Würze hineinzubekommen. Mir ist das zu viel. Wer dies jedoch mag, kauft ein Stück und verarbeitet es am Kochtag gemeinsam mit dem Fleisch.

Die Marinade: ca 24 Stunden vorher

Zunächst schneiden wir mit einem scharfen Messer, die sehnige Außenhaut, Sehnen oder große Fettstücke ab, sofern vorhanden. Dann spülen wir das Fleisch kurz unter Wasser.  

1/2 Karotte, gleichgroßes Stück Sellerie, 1/2 Zwiebel klein schneiden. Das Fleisch am Stück in eine Schüssel oder einen verschließbaren Topf geben, das Behältnis muss luftdicht verschließen. Das Gemüse über das Fleisch fügen, ca 0,3l Rotwein angießen. Das Fleisch muss vollständig bedeckt sein, je nach Größe die Rotweinmenge also variieren. 2 Lorbeerblättern, von 1 Zweig Rosmarin die Stängel, 2 Salbeiblätter, Nelken, angedrückte Wacholderbeeren und Pfefferkörner hinzugeben und im Kühlschrank über Nacht marinieren.

Die Gewürze und der Wein ziehen ein und sorgen für Geschmack, zusätzlich wird das Fleisch zart. Ich kann euch jetzt schon versprechen, der Duft des Fleisches, Weins, gemischt mit den Aromen der Gewürze ist ein Gedicht. Und die Zartheit am nächsten Tag wird euch begeistern.

Der Wein, Gemüse und Gewürze müssen das Fleisch vollständig bedecken.

Das Ragù am Tag selbst

Das Fleisch aus der Marinade heben, die Marinade mit dem Gemüse auffangen, diese nutzen wir zum Ablöschen und Kochen. Das Fleisch nun (sofern vorhanden auch den Pancetta) mit dem Messer klein schneiden (grob faschieren). Ihr schneidet einfach Streifen, haltet dabei das Fleisch zusammen, dreht dann das Fleisch und schneidet wieder Streifen. Das wiederholt ihr solange bis ihr sehr kleine Stücke in Anlehnung an Hackfleisch habt.

Das Fleisch in dünne Streifen schneiden, drehen und wieder in dünne Streifen schneiden bis ihr gant kleine Fleischstücke habt.

Die restlichen Karotten, ½ Zwiebel, etwas Knoblauch und Sellerie fein hacken. In einem großen Topf Butter erhitzen, das Gemüse anbraten. Es muss nicht gar sein, es reicht angebraten, Gemüse dann herausnehmen.

Das Fleisch (und ggf den Pancetta) im gleichen Topf scharf anbraten. Mit Tomatenmark anrösten und mit Marinaderotwein ablöschen (1- 2 Kellen voll). Wenn die Marinade eingekocht ist, passierte Tomaten zugeben, das angebratene Gemüse zugeben, alles im Topf verrühren, jetzt mit etwas Marinade das Gemüse aus der Marinade mit ergänzen, die Gewürze wie Pfeffer, angequetschen Wachholder hineingeben, ein frisches Lorbeerblatt und ein bis zwei Zweige Rosmarin hinzufügen.

Jetzt mit leicht gekippten Topfdeckel rund zwei Stunden ganz leicht köcheln lassen. Immer wieder umrühren und wenn die Flüssigkeit zu sehr reduziert je nach eigener Vorliebe mit Marinade/ Rotwein oder Gemüsebrühe auffüllen. Der Wein verkocht, aber ich empfehle dennoch nicht nur Rotwein zu nutzen sondern auch ein bis zwei Kellen Gemüsebrühe inzwischen nutzen, denn das Ragu entfaltet sonst vielleicht für euch einen zu intensiven Weingeschmack.

Das Ragù köchelt nun rund zwei Stunden vor sich hier.

Während das Ragù köchelt machen wir nun die Pasta.

Für die Pappardelle benötigt Ihr für zwei Portionen:

175g Mehl (Deutsch Typ 405 oder italienisch Typ 00), 2 Eier, eine Prise Salz und einen guten Schuss Olivenöl.

Eier, Salz und Öl verqirlen und gut ins Mehl einarbeiten.
Den Teig rund 30 Minuten ruhen lassen.

Das Mehl aufhäufen, in der Mitte eine Mulde, in die Eier, Salz und einen guten Schuss Olivenöl geben, mit einer Gabel verquirlen, das Mehl nach und nach einarbeiten und rund 10 Minuten zu einem geschmeidigen Teig verkneten. Tipps zum Teig findest Du hier. In einer Kugel in Frischhaltefolie wickeln und 30 Minuten bei Zimmertemperatur ruhen lassen.

Danach den Teig ausrollen mit einem Nudelholz oder einer Pastamaschine (bei 9 Stufen alle Stufen 1-7 nach und nach durchgeben). Den Teig der Länge einrollen/falten und zu rund 1,5 – 2 cm breite Pappardelle schneiden. Diese dann auseinanderrollen und mit etwas Mehl bestäuben und bis zum Kochen auf einem Brett oder Teller aufbewahren.

Ein geschmeidiger Teig sollte nach der Ruhezeit das Ergebnis sein.
Nach dem Ausrollen, den Teig falten und in ca 1,5 cm breite Streifen mit einem scharfen Messer schneiden.
Auseinanderfalten und mit etwas Mehl vermengen, so dass die Pasta nicht zusammen klebt.
Entweder auf einem Haufen oder in Nester geformt auf dem Brett oder einem Teller bis zum Kochen ruhen lassen.

Finalisieren

Das Wasser in einem Topf zum Kochen bringen. Gleichzeitig auch noch mal das Ragù aufkochen und in diese Hitze die Milch einrühren und kurz weiterkochen. Lorbeer und Rosmarinzweige entfernen.

Die Pasta kocht zirka zwei Minuten, je nachdem wie dick eure Pasta geworden ist und wie lange sie zwischen Zubereitung und Kochen getrocknet sind. Die Pasta mit einem Pastazange oder ähnliches aus dem Wasser heraus direkt in das Ragù geben und alles durchmischen.

Die fertige Pasta mit dem Ragu vermengen.

Parmesan reiben und mit den Pappardelle und Ragù auf dem Teller servieren. Buon Appetito.

Lust auf Toskana? Schau gern mal in meine Beiträge zu Pisa und Viareggio an der toskanischen Küste rein. Du magst die perfekten Pappardelle lernen? Dann schau bei meinen Workshops vorbei oder für das ganze Pastaerlebnis im eigenen Tempo zu Hause habe ich mein Pastabuch für Dich.

ragù di cinghiale
Ein Duft und ein Geschmack – dem Himmel nah.